Pressath
01.08.2019 - 10:59 Uhr

Ausgleichsflächen aus „Ökokonto“

Eine Stunde aufmerksames Zuhören war in der vergangenen Stadtratssitzung in Pressath angesagt.

Die Stellungnahmen von Behörden und Verbänden zum Planentwurf für den Solarpark "Steinäcker" bei Riggau gibt Ingenieur Klaus-Peter Fels dem Stadtrat zur Kenntnis. Bild: bjp
Die Stellungnahmen von Behörden und Verbänden zum Planentwurf für den Solarpark "Steinäcker" bei Riggau gibt Ingenieur Klaus-Peter Fels dem Stadtrat zur Kenntnis.

Zu den zeitaufwendigsten Aufgaben eines „Kommunalparlaments“ gehört das Aufarbeiten der Stellungnahmen, die die „Träger öffentlicher Belange“ im Rahmen eines bebauungsrechtlichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens abgeben. Gleich zwei solche „gesammelten Werke“ verlangten dem Pressather Stadtrat in seiner zweiten Julisitzung eine Stunde aufmerksamen Zuhörens ab.

Die weitaus meisten von Behörden oder Verbänden abgegebenen Statements betrafen indes nur geringfügige Nachbesserungen. Doch gab es auch substanzielle Änderungshinweise. Das erste zu bearbeitende Stellungnahmenpaket ergab sich aus der „frühzeitigen Auslegung“ des Vorentwurfs für die zweite Änderung des Bebauungsplans „Industriegebiet Döllnitz, Bauabschnitt II“. Hier forderten das Sachgebiet „Naturschutz“ des Landratsamts und die Regierung der Oberpfalz zu Änderungen bei der Bepflanzungsplanung im Erweiterungsgebiet auf: Auf Bodendecker solle verzichtet werden, dafür seien Stauden und Gehölze zur Eingrünung insbesondere entlang der Erschließungsstraße und in Richtung der Wohnbebauung erwünscht.

Außerdem mahnten Landkreis-Naturschutzreferat und Staatliches Bauamt Amberg-Sulzbach eine noch präzisere Benennung der ökologischen Ausgleichsflächen an, die die Stadt als Kompensation für die vier Hektar große Industriegebietserweiterung auszuweisen hat. Stadtplanerin Lena Beyrich vom Nürnberger Planungsbüro TB Markert informierte, dass die Kommune 18.000 Quadratmeter einbringen müsse, die aus dem „städtischen Ökokonto“ für potenzielle Ausgleichsflächen genommen würden.

Eine Umnutzung landwirtschaftlicher Nutzflächen, wie sie das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weiden (AELF) befürchtete, sei mit dieser „auf das notwendige Maß beschränkten“ und mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmten Ausgleichsflächenfestlegung nicht verbunden. Der Stadtrat billigte die vom Planungsbüro vorgeschlagenen Flächennutzungs- und Bebauungsplanänderungen, die neuen Entwürfe werden demnächst öffentlich zur Einsichtnahme im Rathaus ausgelegt. Das Gleiche wird auch mit den modifizierten Entwürfen für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Sondergebiet Freiflächen-Photovoltaikanlage Riggau“ und die damit verbundene Flächennutzungsplanänderung geschehen.

Hier war es Ingenieur Klaus-Peter Fels aus Weiden, der die im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen vortrug. Ihren „vorsorglichen Widerspruch“ gegen die Anlagenplanung habe die Firma TenneT, künftige Betreiberin der Fernstromleitung „Südostlink“, eingelegt, informierte Fels. Dies habe aber nur formale Bedeutung, denn es sei so gut wie sicher, dass die umstrittene unterirdische Leitung nicht auf der westlichen Trasse und damit durch Pressather Gebiet verlaufen werde. Da der Trassenvorschlag jedoch nicht ohne weiteres aus den Südostlink-Planfeststellungsunterlagen herausgenommen werden könne, sei TenneT verpflichtet, der Form halber zu widersprechen. Der Fortgang des Solarpark-Planungsverfahrens werde dadurch nicht gehemmt.

Info:

Solarpark „sehr kritisch“ bewertet

Grundsätzliche Kritik an der Nutzungsänderung unbelasteter landwirtschaftlicher Flächen zugunsten von Solarstromanlagen, deren Effizienz nicht unumstritten sei, übten das Weidener Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Bund Naturschutz (BN) und der Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern. Auch die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt sah den projektierten Riggauer Solarpark „sehr kritisch“, zumal dieser in eine „naturnah belassene Kulturlandschaft“ mit vielfältiger Fauna und Flora eingreife. Der Stadtrat bekräftigte jedoch sein Interesse, die regenerative Energiegewinnung zu fördern. Dem Vorschlag des BN, sich um die Verlegung der Anlage auf eine schadstoffbelastete Industriebrache zu bemühen, könnten Stadt und Anlagenbetreiber schon deshalb nicht folgen, weil es eine geeignete Fläche im Stadtgebiet nicht gebe. Eine von der Naturschutzbehörde befürchtete „fernwirksame“ Störung des Landschaftsbilds sei nicht zu erwarten, wie eine eingehende Nachuntersuchung der Baupläne durch das Ingenieurbüro ergeben habe.

Zudem werde die bisher intensiv agrarisch genutzte Ackerfläche nach dem Solarparkbau nur mehr „extensiv als Grünland bewirtschaftet“, was unter ökologischem Aspekt sogar als Verbesserung der „grundsätzlichen Habitatqualität“ zu werten sei. Der Antrag der Betreiberfirma „BKK Energie“, im Flächennutzungsplan noch zwei weitere Parzellen als mögliches künftiges Solarparkgebiet vorzumerken, wurde bei einer Gegenstimme angenommen. (bjp)

 
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