Auf ein bewegtes Leben zurückblicken, heißt es oft. Was diese oft leichthin ausgesprochene Floskel bedeuten kann, wissen gerade jene nur zu gut, die als Folge des Zweiten Weltkrieges ihre Heimat in den einstigen Ostgebieten verlassen mussten. Zu diesen Menschen, deren Leben die Umbrüche der jüngeren deutschen Geschichte in Bewegung und Unruhe versetzte, gehört Eveline Schuster aus Pressath, die im Kreis ihrer Verwandten und Freunde ihren 80. Geburtstag im Gasthof Heining feierte.
An die Ausweisung aus ihrer Heimatstadt Breslau kann sich die Jubilarin nicht mehr erinnern: Seit ihrem Geburtstag am 25. Mai 1944 war gerade ein gutes Jahr vergangen, als die in Schlesien neu eingesetzte polnische Verwaltung noch 1945 die vierköpfige Familie Lange zwang, das nunmehrige Wrocław zu verlassen. „Was mit meinem Vater war, wussten wir damals nicht und haben es auch nie erfahren: Er ist als Soldat verschollen“, erinnert sich Eveline Schuster.
Der Weg aus der Odermetropole führte sie, ihre Mutter und zwei Geschwister über Eger (Cheb) in die Oberpfalz, wo sie für drei Jahre eine notdürftige erste Bleibe im Vertriebenenlager Schloss Metzenhof erhielten. Weitere Stationen in Eveline Langes jungem Leben waren Kirchenthumbach, Treinreuth, Eschenbach und Augsburg, wo sie von 1962 bis 1965, nach ihrer Ausbildung an der Haushaltungsschule in Grafenwöhr, als Hauswirtschafterin arbeitete.
Die Hochzeit mit Johann Schuster, einem Einzelhandelskaufmann aus Hessenreuth, vor genau 60 Jahren stellte endgültig die Weichen für ihren Lebensweg. 25 glückliche Ehejahre folgten, in denen dem Paar fünf Töchter und vier Söhne geboren wurden: „Aus allen ist etwas geworden“, freut sich die mit Recht stolze Mutter. Doch fiel in diese Freude ein schwerer Wermutstropfen, als eine Tochter in der Coronazeit starb. Schon 1989 hatte der Tod Johann Schuster aus seiner großen Familie gerissen – das Gedeihen der inzwischen 17 Enkel- und drei Urenkelkinder durfte er nicht mehr miterleben.
Seit 1995 wohnt Eveline Schuster in Pressath, wo ihr Garten und vor allem die Großfamilie für Kurzweil im Ruhestand sorgen: „Ich bin immer noch als Taxi für die Enkelkinder gefragt.“ Nicht fehlen darf die tägliche Lektüre des Neuen Tags, den sie 20 Jahre lang auch selbst austrug.
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