Regensburg
19.12.2019 - 08:00 Uhr

Er brennt für die Oberpfalz

Der Oberpfalz-Marketing-Chef über Heimkehrer, Neubürger und warum ihm der Begriff "Zuagroaste" missfällt.

Christoph Aschenbrenner, Geschäftsführer des Oberpfalz-Marketing-Vereins. Bild: Christoph Gabler Photo
Christoph Aschenbrenner, Geschäftsführer des Oberpfalz-Marketing-Vereins.

Das Profil der Oberpfalz zu schärfen und so Fach- und Führungskräfte in die Region zu bringen und hier zu halten, das versteht Geschäftsführer Christoph Aschenbrenner als Kernaufgabe des Oberpfalz-Marketing-Vereins. Eine Standortbestimmung.

ONETZ: Herr Aschenbrenner, fühlt sich der Oberpfälzer in der Großstadt wohl?

Christoph Aschenbrenner: Ja und nein. Dass man hinaus will in die Welt, ist nichts Ungewöhnliches. Und natürlich fühlen sich die Menschen gut dabei, wenn sie etwas Neues entdecken können. Wenn es um die Familiengründung geht und die langfristige Lebensplanung, denken aber viele um und erkennen die Vorteile der Heimat. Dann kommt man gerne zurück. Verstehen Sie das bitte nicht als Großstadtbashing. Ganz im Gegenteil, ich glaube, dass je nach Lebensphase beides seine Berechtigung haben kann.

ONETZ: Zieht es mehr Menschen in die Ferne, oder hat sich die Oberpfalz zum Magneten entwickelt?

Christoph Aschenbrenner: Dazu gibt es Zahlen vom Landesamt für Statistik. Wenn man die hochrechnet, werden wir für den Zeitraum von 2010 bis 2020 einen Netto-Zuzug von rund 50 000 Menschen haben. Lange Jahre waren wir eine Abwanderungsregion, das hat sich in den letzten Jahrzehnten ins Gegenteil verkehrt.

ONETZ: Gibt es den typischen Heimkehrer oder Zuagroasten?

Christoph Aschenbrenner: Wie gesagt, der typische Heimkehrer geht in die Welt, um sie zu entdecken und um sich weiterzuentwickeln. Und kommt wieder, um eine Familie zu gründen. Das ist gar nicht so verkehrt. Schließlich kann man wertvolle Erfahrungen sammeln und lernt über den Tellerrand hinauszublicken. Über den Zuagroasten wissen wir weniger. Ich bin aber kein Freund dieses Begriffs, weil er auf mich ausgrenzend wirkt. Dem müssen wir entgegenwirken. Gerade Toleranz anderen gegenüber ist etwas, was sich Neubürger wünschen. Dazu passt ein Begriff wie "Zuagroaster" nicht.

ONETZ: Heimkehrer und Neubürger sind als Fachkräfte umworben. Doch was veranlasst einen Arbeitnehmer dazu, dauerhaft in die Oberpfalz zu ziehen?

Christoph Aschenbrenner: Die Job- und Karrieremöglichkeiten, die wir bei uns haben, müssen natürlich kommuniziert werden. Das klappt nicht in jedem Unternehmen. Dabei ist gerade das der erste und wichtigste Impuls. Mögliche Neuankömmlinge stellen sich vor einem Umzug aber auch andere Fragen: Gibt es in der Region andere passende Arbeitgeber, wenn es beim ersten nicht so klappen sollte wie gewünscht? Findet mein Partner eine geeignete Position? Wenn es um einen dauerhaften Umzug geht, spielt vor allem das vorgefundene soziale Gefüge eine große Rolle: Rückkehrer und Neubürger wünschen sich Anschluss. Das wissen wir aus Gesprächen mit Unternehmen, die europaweit rekrutieren.

ONETZ: Zu solchen Fragen liegt jetzt eine aktuelle Untersuchung vor.

Christoph Aschenbrenner: Wir haben das Marktforschungsinstitut Cabnovum damit beauftragt auf wissenschaftlicher Basis herauszufinden, worauf Rückkehrer besonders Wert legen. Die wichtigste Erkenntnis für das Regionalmarketing: Es geht darum, die Lebensqualität hier als so gut darzustellen wie sie de facto ist. Es gibt aber auch Defizite, die immer wieder genannt werden – zum Beispiel wird das ÖPNV-Angebot oft als unzureichend empfunden.

ONETZ: Wie wichtig sind Einkommens- und Kaufkraftfragen?

Christoph Aschenbrenner: Unserer Erfahrung nach nicht so wichtig, wie man vielleicht denkt. Wir arbeiten mit sogenannten Sinus-Milieus. Bei den für uns interessanten Milieus geht es eher um Lebensgefühl, Stabilität, Familie. 300 Euro Mehrverdienst im Monat sind nicht ausschlaggebend. Das mag dem einen oder anderen Job-Hopper wichtig sein, die passen aber sowieso nicht unbedingt zu unserer Oberpfalz.

ONETZ: Welche Vorteile der Oberpfalz werden Ihrer Ansicht nach noch nicht deutlich genug wahrgenommen?

Christoph Aschenbrenner: Die Vielfalt, und zwar in allen Bereichen. Die Vielfalt der Karrierewege, aber auch die Vielfalt der möglichen Lebensentwürfe, die Tatsache, dass ich hier Freiräume habe, das zu machen, was ich will. Wir haben in der Region zum Beispiel tatsächlich ein breites Freizeit- und Kulturangebot. Das traut man der Oberpfalz häufig so nicht zu. Hier müssen wir das Bild zurechtrücken.

ONETZ: Wenn Sie ein Münchner fragt: „Oberpfalz, wo ist das?“ – was antworten Sie ihm?

Christoph Aschenbrenner: Die Oberpfalz ist in der Mitte Europas und damit deutlich zentraler als die Landeshauptstadt München.

Hier geht's zur Homepage des Oberpfalz Marketing e.V.

 
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