Regensburg
01.02.2019 - 18:10 Uhr

Möglicher Missbrauch: Großvater im Zwielicht

Ein 65-Jähriger soll seine Enkelin sexuell missbraucht haben. Er bestreitet die Vorwürfe und sieht sich als Opfer der Intrigen seiner Schwiegertochter. Aussagen von Familienmitgliedern werfen teilweise kein gutes Licht auf den Mann.

Symbolbild: Uli Deck/dpa

Es steht Aussage gegen Aussage: Der Prozess gegen einen 65-jährigen Kraftfahrer aus Regensburg vor dem Jugendschöffengericht Regensburg wegen des mehrfachen sexuellen Missbrauchs seiner damals elf Jahre alten Enkelin ist am zweiten Verhandlungstag ins Stocken geraten. Damit wird eine Kinder- und Jugendpsychologin zum Zünglein an der Waage. Sie soll ein Glaubhaftigkeitsgutachten über das mutmaßliche Opfer erstellen.

Nach Darstellung der heute 16-Jährigen soll es in den Jahren 2014 und 2015 mindestens acht Mal zu sexuellen Missbrauchshandlungen des Großvaters gekommen sein, einmal habe dieser auch ein Video gedreht. Angefangen habe es mit einem Zungenkuss, dann seien seine Übergriffe immer intensiver geworden.

Aussage auswendig gelernt?

Der Angeklagte bestritt bisher, teilweise über seinen Verteidiger, dass es solche Vorkommnisse gegeben habe. Möglicherweise, so seine Vermutung, hätten Pornofilme "ihre Fantasie beflügelt", die sie bei einer Freundin und in der elterlichen Wohnung angeschaut habe.

Auf Antrag der Nebenklagevertreterin, die die Interessen des mutmaßlichen Opfers wahrnimmt, wurde der Teenager unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Anwesenheit des Angeklagten vernommen. Am Rande des Prozesses war zu hören, dass ihre Aussage schlüssig, aber wie auswendig gelernt gewirkt haben soll. Ihre Tante erzählte im Zeugenstand, dass sich ihr ihre Nichte 2016 anvertraut habe, daraufhin habe sie ihre Mutter verständigt. Diese sei laut eigener Aussage sofort mit dem Kind zur Polizei gegangen, ohne etwas zu hinterfragen. Bei der Aussage ihrer Tochter sei "alles kreuz und quer gegangen", daher habe sie selbst die einzelnen Übergriffe aufgeschrieben und der Polizei zur Verfügung gestellt.

Auf Mädchen "abgefärbt"

Die ebenfalls vernommene 29-jährige leibliche Tochter des Angeklagten berichtete: "Da war nie was. Ich habe nie ein sexuelles Interesse von ihm an den vielen Kindern in unserer Familie bemerkt." Allerdings sei es in der Familie "alles andere als kindgerecht" zugegangen: "Da lagen dauernd Pornofilme rum und liefen auf dem Laptop. Auch wurde vor den Kindern ganz offen über Sex geredet." Das habe auf das Mädchen abgefärbt: "Sie hat, wenn sie mit uns unterwegs war, sogar in der Öffentlichkeit ganz ungeniert und laut über sexuelle Dinge und den Inhalt von Pornofilmen geredet." Und das "selbst dann, wenn ältere Damen im Café mit am Tisch gesessen sind". 

Nacktbilder gegen Geld

Eine Stieftochter hingegen belastete den Angeklagten. Die 45-Jährige gab an, ihr Stiefvater habe sie und ihre Freundinnen, als sie zwischen elf und 14 Jahre alt waren, des Öfteren "wie zufällig" über der Kleidung an der Brust berührt oder ihnen in den Schritt gefasst.

Als sie mit elf Jahren einmal Geld gebraucht habe, habe sie ihrem Stiefvater als Gegenleistung erlaubt, Nacktfotos von ihr zu machen. Die Fotos seien dann aber von ihrer Mutter vernichtet worden. "Sie hat mir vorgehalten, ich sei daran schuld und würde ihre Beziehung auseinanderbringen." Ihrer Mutter gegenüber behauptete sie auch, ihr Stiefvater habe ihr die nunmehr angeklagten Missbrauchsfälle gestanden - später aber per SMS geschrieben, dass dies gelogen gewesen sei.

Da der Verteidiger auf die Vernehmung eines Polizeibeamten, der sich derzeit im Ausland in Urlaub befindet, nicht verzichten will, wird der Prozess erst am 14. März fortgesetzt.

 
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