Es war ein zäher Verhandlungstag im Prozess gegen den suspendierten OB Joachim Wolbergs und drei weitere Beschuldigte. Richterin Elke Escher musste teils minutenlang nachhaken, um Informationen aus den insgesamt fünf geladenen Zeugen, alle aus dem BTT-Umfeld, herauszubekommen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es zwischen 2011 und 2016 ein Strohmannsystem gab, bei dem Mitarbeiter der Immobilienfirma Bauteam Tretzel (BTT) jeweils 9900 Euro - knapp unter der Veröffentlichungsgrenze - an den SPD-Ortsverein Regensburg Süd überwiesen und den Betrag über das Gehalt von BTT zurückerhielten. So soll verschleiert worden sein, dass die Firma BTT beziehungsweise deren Inhaber Volker Tretzel fast eine halbe Millionen Euro für Wolbergs' OB-Wahlkampf spendete. Ein Vertriebs-Angestellter bestätigte, dass er erstmals im Sommer 2013 von dem ehemaligen BTT-Geschäftsführer Franz W., Mitangeklagter im aktuellen Prozess, gebeten wurde, eine Spende zu tätigen. Zunächst sei es um eine Spende an die Regensburger CSU für den Landtagswahlkampf gegangen, später noch um drei weitere an den SPD-Ortsverein. Es sei jeweils um 9900 Euro gegangen, über sein Gehalt sei ihm die Summe wiedererstattet worden. "Ich war unbedarft, war der Meinung, das ist unverfänglich", sagte der 52-Jährige. Zumal es sich um Spenden sowohl an die CSU als auch an die SPD handelte. Er sei davon ausgegangen, "dass die politischen Landschaften gepflegt werden sollten". Einen Zusammenhang mit konkreten Projekten schloss er aus. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es eine Verknüpfung zwischen den Spenden und der Vergabe dreier begehrter Baufelder auf dem Nibelungen-Areal an Tretzel gibt.
Ein weiterer BTT-Mitarbeiter erklärte im Zeugenstand ebenfalls, dass er auf Bitte von Franz W. hin Spenden in Höhe von jeweils 9900 Euro einmal an die CSU und drei Mal an die SPD leistete. Auch ihm sei das Geld von BTT als Sonderzahlung auf sein Konto überwiesen worden, "um liquide zu sein". Allerdings nannte der Diplom-Kaufmann, selbst CSU-Mitglied, einen entscheidenden Unterschied: Er sei davon ausgegangen, dass die Sonderzahlungen später mit ausstehenden Provisionen an ihn verrechnet werden. "Es war nie die Rede davon, dass das die Firma zahlt." Nach hartnäckigen Nachfragen von der Richterbank räumte der 47-Jährige allerdings ein, dass er nicht sicher wisse, ob die Sonderzahlungen jemals von seinem Provisionskonto abgezogen wurden. Er sei auf diesem Konto - von dem er lebe, wenn es bei den Wohnungsverkäufen gerade nicht so gut läuft - noch nie bei "Null" angekommen.
Die Zeugenaussagen ergaben auch Gemeinsamkeiten: Gegen beide BTT-Mitarbeiter lief zwischenzeitlich ein Verfahren wegen Steuervergehen im Zusammenhang mit den Spenden. Beide Verfahren wurden gegen Geldzahlungen - einmal 6000 Euro und einmal 15 000 Euro - eingestellt. Die Zeugen erklärten unabhängig voneinander, dass sie nicht der Meinung waren, dass sie etwas Unrechtes getan haben, aber die psychische Belastung beziehungsweise die hohen Kosten durch eine mögliche Gerichtsverhandlung gescheut hätten. Das veranlasste Wolbergs später zu einer bissigen Bemerkung in Richtung der Ermittler. "Bei der Staatsanwaltschaft kann man sich seinen Seelenfrieden kaufen", sagte er in einer kurzen Erklärung. Doch noch etwas hatten die Zeugen gemeinsam: Beide antworteten auf die Frage, ob sie die Parteispenden auch geleistet hätten, wenn Franz W. nicht auf sie zugekommen wäre, ganz klar. "Nein."
Bereits am Vormittag hatte eine Buchhalterin, die bis vor einem Jahr bei BTT gearbeitet hatte, ausgesagt. Auch ihre Angaben ließen die Richterin aufhorchen: Die 28-Jährige erklärte, dass die Sonderzahlungen in Höhe von 9900 Euro an verschiedene Mitarbeiter als Nettobetrag ausgezahlt wurden. In den Gehaltsabrechnungen sei die dafür notwendige Bruttosumme angegeben worden. Wie hoch die jeweilige Bruttosumme sein musste - für die Mitarbeiter galten unterschiedliche Steuersätze -, sei für jede Person separat vom Steuerberater ausgerechnet worden. Weitere BTT-Mitarbeiter werden in dieser Woche als Zeugen aussagen.













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