Lebensmittelskandale, Artenschwund, Qualitätsbewusstsein und fehlende Einkaufsmöglichkeiten ermöglichen Direktvermarktern derzeit gute Absatzmöglichkeiten. Die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Oberpfalz geben den Erzeugern mit Aktionstagen nützliche Tipps und Anregungen.
Am Puls der Zeit
Beim 14. Oberpfälzer Direktvermarktertag beim "Rechersimer" in Röthenbach lautete das Schwerpunktthema "Direktvermarktung am Puls der Zeit". Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Tirschenreuth, das diesmal Ausrichter war, lieferte mit der Zoiglwirtschaft "Rechersimer", der Landkreis-Bauernkiste und dem Mobilen Dorfladen drei Beispiele aus der Region.
Leitender Landwirtschaftsdirektor Wolfgang Wenisch vom Tirschenreuther Amt machte den rund 50 Teilnehmern Mut, Neues zu wagen. "Direktvermarktung liegt voll im Trend." Immer mehr Kunden wollten wissen, wer, wo, wie das gekaufte Lebensmittel erzeugt habe. "Und wer könnte das besser demonstrieren als der Direktvermarkter." Es gebe auch immer mehr Urlauber, die gezielt durch den Kauf von Produkten eine Region unterstützen wollten. Allerdings müsse man sich auch klar darüber sein, dass Direktvermarktung nicht im Vorbeigehen erledigt werden könne. Die Kunden erwarteten oft auch ein kleines Einkaufserlebnis. "Das kostet Zeit."
Im Landkreis Tirschenreuth sei die Vielfalt bei der Direktvermarktung enorm. Rund 70 Anbieter gebe es, die neben klassischen Produkten auch Exotisches wie Shrimps, Straußenfleisch und Bisonfleisch im Angebot hätten. "Natürlich spielt der Karpfen bei uns eine besondere Rolle", so Wenisch. Überdies sei der Landkreis Tirschenreuth wohl bayernweit der einzige, der mit zwei Öko-Modellregionen werben könne.
Kreisbauernobmann Ely Eibisch ermunterte die Teilnehmer, sich auf die Direktvermarktung wieder einzulassen. "Das ist etwas, was viele verlernt haben." Die Zeit für die Umstellung sei günstig. "Die Leute wollen wissen, wo ihre Produkte herkommen." Wichtig sei, sich einen Kundenstamm aufzubauen. "Das kommt nicht von heute auf morgen."
Diese Arbeit hat die Familie Käß bereits hinter sich. Ihre Zoiglwirtschaft "Rechersimer" ist ein Selbstläufer. Neben den dreiwöchigen Zoiglwochenenden fänden auch jede Menge geschlossene Veranstaltungen auf dem Hof statt, darunter viele Hochzeiten, berichtete Hans Käß. "Wir haben eigentlich kein freies Wochenende mehr." Die Umstellung von Milchviehhaltung auf Zoiglausschank sei dabei eigentlich gar nicht geplant gewesen, sondern aus der Not heraus geboren worden. 1982 habe er noch einen neuen Stall für 30 Milchkühe und die weibliche Nachzucht gebaut, doch dann habe er als Asthmatiker die Stallarbeit nicht mehr erledigen können. "Dieser Unglücksfall wurde zum Glücksfall."
Direkt ins Haus
Bianca Wührl vom Maschinenring Stiftland stellte das Projekt "Meine Bauernkiste" vor. Zusammen mit dem Direktvermarkterverein "TIR direkt" und dem BRK-Kreisverband Tirschenreuth liefert der Maschinenring frische, saisonale und regionale Produkte direkt ins Haus. Im Angebot sind Geschenk-, regelmäßige Abo- und individuell zusammengestellte Wunschkisten.
Martin Schmid von der Steinwald-Allianz gab Einblicke in den Mobilen Dorfladen, der seit 2018 durch die Gemeinden der Steinwald-Allianz rollt. Er erläuterte die Herangehensweise an das Projekt und die Kriterien der Fahrplangestaltung. Zum Fahrplanwechsel zum 2. Dezember werde die Zahl der angefahrenen Haltestellen um 6 auf 33 steigen, verriet er.
Seit dem Start im August 2018 seien allein mit regionalen Produkten rund 60.000 Euro Umsatz erzielt worden. Vor allem Backwaren, Wurst, Gemüse, Eier und Milchprodukte seien gefragt. Doch auch Fair-Trade-Produkte und Naturseifen ließen sich gut verkaufen. Allerdings machte er auch keinen Hehl daraus, dass der Bus, der zum Abschluss der Veranstaltung auch in Röthenbach vorfuhr, nicht als "Best-practice-Beispiel", sondern eher als Werkstattbericht zu betrachten sei. Man befinde sich in einer Erprobungsphase. "Ob das Konzept tragfähig ist, kann man noch nicht sagen."
Darüber hinaus informierte Michaela Weiglein aus Würzburg die Teilnehmer über das Thema "Aktuelle Kassen und dazugehörende Rechtsvorschriften" . Anja Hensel-Lieberth vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hatte einige aktuelle Informationen aus der Direktvermarktung mitgebracht.
Der Mobile Dorfladen der Steinwald-Allianz wird zum Fahrplanwechsel am 2. Dezember neue Haltestellen in seine Tour aufnehmen. Künftig werden dann auch Köglitz, Guttenberg (jeweils Stadt Kemnath), Altköslarn (Gemeinde Kastl) und Pilgramsreuth (Gemeinde Pullenreuth) angefahren. Außerdem wird das rollende Geschäft im zweiwöchigen Turnus auch die Erbendorfer Seniorenheime des Roten Kreuzes und der Caritas ansteuern.
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