Mit dem Allerseelengottesdienst und dem Einsetzen der Schiffchen bildeten der christliche Glaube und der weltliche Brauch auch in diesem Jahr wieder eine Einheit.
Pfarrer Werner Sulzer brachte den Kindern und Jugendlichen in der Kirche den Brauch in ihrer Sprache näher. Er ließ den Blick zurückschweifen in die Mitte der 1930er-Jahre, in denen er Kinder den Brauch erfinden ließ. Vielleicht, so Sulzer, wollten die Kinder damals nicht nach Hause gehen, „a bisserl noch umherstrawanzen“, als einer über ein großes Rindenstück stolperte und dann auf die Idee kam, sein Wachsstöckerl auf die Rinde zu setzen und es auf der Lauterach schwimmen zu lassen. Im darauffolgenden Jahr waren es vielleicht mehrere Kinder, denen dies gefiel und die zum Entschluss kamen: Allerseelenschiffchen – echt cool.
Tatsächlich könnte es auch so gewesenen sein. Ortsheimatpfleger Michael Koller erinnert sich: „Früher haben wir in der Allerseelenwoche jeden Tag in der Friedhofkirche ein Rosenkranz gebetet. Bei diesen Rosenkränzen brannten auch immer kleine Kerzen und Wachstöckeln. Nach dem Rosenkranz nahmen die Kinder – vor allem waren es Buben – die brennenden Kerzen mit aus der Kirche und setzten sie auf kleine Rindenschiffchen oder Holzbretter und ließen sie auf der Lauterach bis zum Hammer schwimmen. Dies geschah vereinzelt nach jedem Rosenkranz. Am Allerseelentag wurden dann nach dem Rosenkranz von allen Kindern die Allerseelenschiffchen mit Kerzen auf ihre Reise geschickt.“
Sicher waren sich die Kinder damals nicht der religiösen Dimension bewusst, der Symbolik von Wasser und Licht, die mit dem Weihwasser und der brennenden Osterkerze deutlich werden. Das Wasser und das Licht stellte Pfarrer Sulzer in seiner Predigt in den Mittelpunkt. Insbesondere für die Kinder stellte er einen Zusammenhang her zwischen dem eigenen Leben und dem Allerseelenschiffchen. „Das Schiffchen seid ihr, der Mast ist Jesus, der Orientierung gibt, Halt und der Antrieb ist, und die Kerze auf dem Schiffchen ist eine kleine Osterkerze, die zeigt, dass man in ein strahlendes Licht eingeht.“
Nach wie vor ist für den Kulturverein die Fortführung des Brauchs „Allerseelenschiffchen“ nur mit einem Gottesdienst denkbar. Der Brauch soll auch weiterhin auf einfache Weise praktiziert werden: keine Show, kein Rummel, kein Kommerz. Sicher sind sich die Organisatoren allemal: Mit dem ruhigen Dahingleiten der leuchtenden Schiffchen auf der Lauterach gleiten viele Gedanken zu den Verstorbenen.
Heimat- und Kulturverein sowie die Feuerwehr Schmidmühlen – sie war mit vielen Aktiven unter der Leitung von Kommandant Jürgen Ehrnsberger vor Ort – halten gemeinsam den Brauch am Leben. Beide Vereine arbeiteten auch heuer Hand in Hand. Über 80 Allerseelenschiffchen gaben für eine halbe Stunde der Lauterach bunte flackernde Farbtupfer zum Gedenken an die Verstorbenen.






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