So unterschiedlich die drei Lauterachtalgemeinden Kastl, Hohenburg und Schmidmühlen geschichtlich geprägt sind, so haben sie dennoch eines gemeinsam: den Lauterachweg. Im April 1945 mussten tausende von Häftlingen, vom Konzentrationslager (KZ) Hersbruck kommend, auf dieser Strecke in das Konzentrationslager Dachau marschieren – Hunderte überlebten diese Todesmärsche nicht. In Schmidmühlen erinnerte jetzt der Markt an die schrecklichen Tage. Zur Gedenkfeier am neuen Mahnmal am Lauterachweg kamen nicht nur die Vereine des Marktes, sondern auch viele Bürger, um so mehr als 75 Jahre nach den Todesmärschen der geschundenen Menschen zu gedenken. Für Schmidmühlen sei die Erinnerung ein wichtiges Anliegen, so Bürgermeister Peter Braun. Für ihn persönlich, aber auch den Gemeinderat war es keine Frage, diesen Todesmarsch im Gedächtnis zu halten.
Ein Blick zurück in das Jahr 1945: Ab 15. April 1945 sollten 15.000 Häftlinge aus Flossenbürg in fünf Gruppen nach Dachau verlegt werden. Die Häftlinge des Flossenbürger Außenlagers Hersbruck wurden ab 8. April 1945 nach Dachau evakuiert. Am 13. April erfolgte in Lauterhofen eine Aufteilung in mehrere Gruppen, von denen eine mit 2.000 Häftlingen den Weg über Kastl, Hohenburg nach Schmidmühlen nahm. Die mittlerweile verstorbene Verwaltungsangestellte Lotte Hannewald erinnerte sich: „Am 15. April 1945 traf in den Nachmittagsstunden eine lange Kolonne von abgemagerten Menschen, von Hohenburg kommend, in Schmidmühlen ein. Die oft nur mühsam gehenden Menschen trugen gestreifte Anzüge. Der traurige Zug wurde von schwer bewaffneten SS-Angehörigen mit Hunden begleitet. Am Ende des Zuges fuhr ein Verpflegungsauto."
230 Menschen blieben in Schmidmühlen
"Drei Marschkolonnen trafen in Schmidmühlen ein. Die ersten beiden Gruppen mit etwa 1.800 Männern zogen im Vilstal weiter in Richtung Kallmünz, der letzte Zug mit etwa 230 abgemagerten und ausgemergelten Menschen blieb in Schmidmühlen zurück. Auf einer Wiese unweit des Friedhofes wurde Halt gemacht. In der ersten Nacht setzte starker Regen ein, weshalb sich ein großer Teil der Häftlinge in einem im Bereich der Lagerwiese stehenden Stadel drängte. Ein Teil der Häftlinge belegte den oberen Teil dieses Holzgebäudes, wodurch eine Überbelastung eintrat. Das Gebälk brach zusammen und viele der am Boden liegenden Häftlinge kamen durch die herabstürzenden Balken zu Tode. Ein mächtiges Geschrei ertönte über das Lauterachtal und im Markt."
"Die Bevölkerung vernahm das Krachen von Gewehrschüssen, was für manchen Häftling den sicheren Tod bedeutete. Ein Teil der ums Leben gekommenen Häftlinge wurde auf dem Friedhof und ein Teil auf der Wiese in der Nähe der Feldscheune durch ihre Kameraden unter absoluter Fernhaltung der Bevölkerung beerdigt. Drei Tage vor dem Einzug der US-Truppen in Schmidmühlen gelang einer Gruppe von drei Häftlingen die Flucht. Sofort wurde eine Suchaktion mit scharfen Hunden eingeleitet. Zwei Männer versteckten sich in der Schlucht des Kreuzbergfelsens, wo sie ein Hund aufstöberte und am Körper arg zurichtete. Diese beiden Häftlinge wurden in das Truppenübungsplatzgebiet gebracht und dort erschossen“. Am 22. April 1945 kamen amerikanische Einheiten nach Schmidmühlen und brachten die Freiheit für die Häftlinge. Die Wachsoldaten wurden festgenommen und weggebracht.
Verantwortung gegen das Vergessen
Heimatpfleger Josef Popp und Jugendbeauftragte Paula Weigert ließen bei der Andacht diese Tage lebendig werden. Dabei hob Josef Popp auch an den Mut der Bürger, die trotz Gewalt- und Todesdrohungen den Häftlingen Nahrung und Trinken zukommen ließen, hervor. Paula Weigert erinnerte an die vielen Kinder und Jugendlichen vieler Nationen, die ihr Leben in ungezählten Kriegen verloren haben und um ihr Leben betrogen wurden. Pfarrer Werner Sulzer stellte die Frage, ob man eine Stelle mit einer derart furchtbaren Ereignissen segnen kann, denn ein Segen bedeutet immer auch „Gutes von Gott sagen“. Der Geistliche verwies, dass man nicht Verantwortung für diese Zeit trage, da man ja nicht geboren war, aber die heutige Generation trage Verantwortung gegen das Vergessen. Für Stellvertretenden Landrat Stefan Braun gehören nicht nur die guten und die schönen Zeiten zur Heimatgeschichte, sondern auch die bitteren.
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