Die Trachtenträger der Heimat- und Volkstrachtenvereine aus der Oberpfalz brauchen sich mit ihren Gewändern nicht verstecken. Sie alle vereint nicht nur der Wunsch, Tradition und Brauchtum und damit Werte zu erhalten, sondern auch der Stolz auf das originale Oberpfälzer G'wand, wie man es schon vor mehr als Hundert Jahren hatte.
Für eine aktive Trachtlerin gilt: "Tracht zu tragen, ist eine Ehre." Da die sich aber von Region zu Region unterscheidet, gibt es sie nicht von der Stange zu kaufen. Doch die Frauen können sich behelfen, nämlich mit traditioneller Handarbeit. So traf man sich an drei Wochenenden zu einem Nähkurs in Schmidmühlen. Organisiert und vorbereitet wurde der Kurs von Ilona Reheis, vom Heimat- und Volkstrachtenverein Schmidmühlen. Unter der Anleitung von Gertraud Kerschner, der stellvertretenden Vorsitzenden des Sachausschusses für Trachtenforschung und Trachtenpflege, wurde nach teilweise historischen Vorlagen genäht: Dirndl, Mieder, Rock oder auch Schürzen. Da wurde miteinander getüftelt, probiert, verworfen. Die Kleidung soll ja nicht nur genau passen, sondern auch gefallen - "und man soll sich darin wohlfühlen", erklärt Kerschner.
So entstanden an den Nachmittagen viele Unikate. Rock und Schürze wurden entweder gestiftelt oder in Falten gelegt. Die Mieder mit und ohne Ärmel genäht.
Gepflegt gekleidet - und ohne Kopfbedeckung geht man gar nicht hinaus. Daran haben die Schmidmühlener Trachtlerinnen bereits in den letzten beiden Jahren fleißig gearbeitet. Sie tragen die Bänderhaube. In Schwarz mit schwarzen Spitzen für die verheirateten Damen, rot mit weißen Spitzen für die ledigen Mädchen - oder die kostbar gestickte Riegelhaube. 25 bis 30 Stunden Arbeit haben die Frauen in das Nähen und die aufwendige, goldene Stickerei gesteckt. Es gibt Trachten für jeden Anlass. Fachkenntnis ist hier gefragt, die Detail müssen stimmen. So kommt diesen Handarbeitstreffen eine große Bedeutung zu. Die beiden Vorsitzenden Gerald Stauber und Markus Mehringer dankten den Leiterinnen Ilona Reheis und Gertraud Kerschner, aber auch allen Teilnehmern für den gelungenen Kurs. "Es war uns eine große Ehre, als Gastgeber fungieren zu können", betonte Stauber. "Mit jedem in traditioneller Handarbeit gefertigten Dirndl wird ein Stück Heimat bewahrt." Bereits für den Herbst ist ein neuer Kurs geplant.
Aus der Monatszeitschrift "Die Oberpfalz" von 1911
In einer Ausgabe der Zeitschrift "Die Oberpfalz" von 1911 kann man lesen: "Wohl jeder, der die im Festzug vorbeigeführten prächtigen Trachten der Oberpfalz sah, wird bedauern, dass diese immer mehr verschwinden. Möchten daher diejenigen, die noch die Tracht der Eltern und Großeltern tragen, sich nicht beirren lassen, und wer noch solch´ alte Trachten im Besitz hat, möchte sie wieder hervorsuchen und in Ehren tragen."
Dieser kritische Bericht zeigte Wirkung: Die Oberpfälzer besannen sich auf ihre Tradition und holten vielerorts wieder ihre bodenständige Tracht aus den Truhen und Schränken. In den darauffolgenden Jahren gründeten sich viele Heimat- und Volkstrachtenvereine, die diese Tradition bewahren und pflegen wollen.
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