Eine Brieffreundschaft bescherte Schuller dieses Abenteuer. Als die Fifa im Dezember 2010 in Zürich bekanntgab, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland stattfinden würde, vereinbarte Josef "Bebbo" Schuller mit seinem langjährigen ehemaligen Brieffreund und jetzigen "russischen Bruder" Anatoly Lobzov - genannt "Tolian" - einen weiteren Besuch, sollte ein Spiel mit deutscher Beteiligung in Moskau stattfinden. Die Freude auf beiden Seiten war natürlich groß, als im Dezember tatsächlich feststand, dass das erste deutsche Gruppenspiel gegen Mexiko im Moskauer Luschniki-Stadion angepfiffen werden sollte.
Ticket-Glück gehabt
Nun hieß es, sich für eine Karte beim DFB zu bewerben. Auch hier blieb Schuller das Glück hold, ihm wurde tatsächlich eine Eintrittskarte zugeteilt. Diese ersetzte auch das bisher nötige Visum für einen Besuch in Russland, da während des Turniers die Visumspflicht für WM-Ticketbesitzer aufgehoben wurde.
Vergangenen Freitag um 15.45 Uhr bestieg Schuller in Leipzig das Flugzeug, das ihn zum Flughafen Moskau-Vnukovo brachte. Dort empfing in Tolian freudestrahlend mit seiner Familie. Es war mittlerweile das siebte Zusammentreffen dieser deutsch-russischen Bruderschaft seit Start derselben 1993. Zwei Mal war Tolian bei Bebbo in Schnaittenbach, Schuller flog nun zum fünften Mal nach Russland. Freitagabend wurde ausgiebig das Wiedersehen im Ortsteil Butowo gefeiert. Samstag stand das übliche Besuchsprogramm bei Familie, Freunden und den Moskauer Sehenswürdigkeiten auf dem Programm.
Sonntagmittag wurde es dann ernst für Bebbo: Zu seinem Bedauern ist Tolian kein Fußballfan, er brachte Schuller aber zum Stadion und holte ihn dort auch wieder ab. "Leider war das Fußballspiel eine deutsche Katastrophe", berichtet Schuller. Und trotzdem bringt er schöne Erinnerungen mit nach Hause: "Moskaus Innenstadt war ein Hexenkessel wegen der unzähligen begeisterten Fußballfans aus allen beteiligten Ländern. Auch das Beiprogramm am Stadion war einzigartig."
Ein Bier für 22 Euro
Einziger Wermutstropfen seien "die unerhörten Preise" gewesen: So waren beispielsweise für 0,33 Liter Bier umgerechnet 22 Euro zu berappen, für einen Hotdog sogar 35 Euro.
"Das Ereignis aber ist großartig organisiert, mit Sicherheitskräften allerorten", bilanziert der Schnaittenbacher, der sich in all dem Trubel "sehr sicher fühlte". Montagmorgen um 8 Uhr ging's im Flieger zurück. Mitgebracht hat Schuller "unvergessliche Stunden, Eindrücke, Erlebnisse und Fotos" von seiner "ersten und wohl auch letzten live erlebten Fußball-Weltmeisterschaft in einem Land mit äußerst gastfreundlichen Menschen". Und ein sehr persönliches Geschenk: Schullers Onkel Erhard fiel im Zweiten Weltkrieg mit 17 Jahren in der Ukraine: "Tolian hat seine Grabstätte ausfindig gemacht und einen Kontakt mit dem Bürgermeister der Gemeinde Oliew (Volodomyr Hontscharenko) hergestellt, wo Onkel Erhard begraben liegt."
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