Schönseer Glasfirma reagiert auf steigende Energiepreise

Schönsee
10.04.2022 - 13:10 Uhr
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Die Glasindustrie ächzt unter den hohen Energiepreisen. Mit einer eigenen Energiezentrale und Optimierungsprozessen sieht sich die Schönseer Firma Irlbacher Blickpunkt Glas gut aufgestellt. Ein Gas-Stopp aus Russland wäre aber fatal.

Die Produktionsprozesse in der Glasindustrie sind energieintensiv. Die Branche hat deshalb mit den aktuellen Strom- und Gaspreisen schwer zu kämpfen. Bis Dezember 2021 zahlte die Schönseer Firma Irlbacher Blickpunkt Glas für eine Kilowattstunde Strom 14 Cent. Nach ausgelaufenem Liefervertrag waren es ab Januar schon 27,4 Cent. Ab Mai wird der Bezugspreis auf 43,5 Cent steigen.

Geschäftsführer Günther Irlbacher sieht diese Entwicklung im Gespräch mit Oberpfalz-Medien mit Sorge. Doch dem 1935 gegründeten Familienunternehmen mit seinen 600 Mitarbeitern komme es jetzt zugute, dass ein effizienter und nachhaltiger Energieeinsatz als entscheidender Produktionsfaktor gesehen wird. „Wir können mit der Eigenstromerzeugung einiges kompensieren“, erklärt Irlbacher und erwähnt die 2020 errichtete Energiezentrale mit Blockheizkraftwerk (BHKW). Dort wird der Energieträger Gas in Strom und Wärme umgewandelt. Die Abwärme aus dem BHKW kommt unter anderem bei der Gebäudeheizung, bei den Trocknungsvorgängen und den Wasseraufbereitungsprozessen sowie bei der Beheizung und Abkühlung der Prozesswässer zum Einsatz. Glas dehnt sich beim Erhitzen aus und zieht sich beim Abkühlen zusammen. Bis 100 Meter Tiefe hält die Firma Wärme- und Kältespeicher (wie einen 400 Kubikmeter Kaltwasserspeicher) bereit.

Der Werkstoff Glas wird beispielsweise in der Haushalts- und Gebäudetechnik, im Maschinenbau, in Forschung und Wissenschaft verwendet. Dementsprechend breit ist die Produktpalette bei der Firma Irlbacher aufgestellt. Im Jahr 2021 wurden hier rund 3000 Tonnen Rohglasmaterial verarbeitet. „Schon unser Großvater und auch unser Vater haben immer Ressourcen gespart, Energiesparpotentiale aufgedeckt und genutzt“, sagt Günther Irlbacher, der mit seinem Bruder Stephan den Betrieb leitet. Es sei in Verarbeitungsprozesse und in eine Strom-Spar-Technik investiert worden, um beispielsweise die in der Glasindustrie benötigte Druckluft, als teuerste Energieform, reduzieren zu können. „Alle, die das nicht gemacht haben, haben jetzt ein großes Problem.“

Strom-Zukauf verringern

Rund 60 Prozent des benötigten Stroms werden bei Irlbacher selber erzeugt. Der Zukauf wird sich weiter reduzieren, denn der Glas-Spezialist plant eine Photovoltaik-Dachanlage (Leistung: 2-Megawatt Peak), die in Teilen bereits ab August laufen soll. Um Gas für den Betrieb des Blockheizkraftwerks einzusparen, werden zusammen mit der PV-Anlage auch die Wärmepumpen wieder in Betrieb genommen (Strom-Eigenverbrauch).

Das Schönseer High-Tech-Unternehmen setzt in diesen Zeiten auf seinen Energie-Kreislauf mit der sinnvollen Nutzung der Prozessabwärme. Als sehr effizient im Wärme-Transfer gilt Thermalöl, welches in dicken Rohren vom Keller des Blockheizkraftwerks bis zu den Trocknungsanlagen in der Fertigung geleitet wird. Die Investitionssumme in die dezentrale Stromerzeugung, unter Berücksichtigung der thermischen Effizienz im Abgasstrom, ist enorm. Das Blockheizkraftwerk auf dem Betriebsgelände hat mehrere Kraft-Wärme-Kopplungs-Module. Und es gibt eine Absorptionskältemaschine, bei welcher der Kompressor durch einen Lösungskreislauf ersetzt wird.

Damit die Abwärme optimal in den Produktionsprozessen genutzt werden kann, wurden elektrisch beheizte Trockenöfen auf die Beheizung mit Thermalöl umgerüstet. Ein selber entwickelter Trockner, der in einer Linie mit dem Druckwerk verbaut wurde, bringt eine „gewaltige Energieeinsparung“, so der Juniorchef. „Unsere Blenden für Miele-Herde benötigen beispielsweise zehn Drucke mit jeweils einer Trocknung bei 680 Grad Celsius vor jeder neuen Emaillierung.“

Die Generatoren im Blockheizkraftwerk werden mit Gas angetrieben, wofür die Firma im Jahr 2018 extra eine Leitung nach Schönsee graben ließ. „Vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist man nie davon ausgegangen, dass Gas zur Diskussion stehen könnte“, so Günther Irlbacher, „vor allem nicht, nachdem in Waidhaus eine riesige Pipeline steht“. Und er ergänzt: „Ein Gas-Stopp aus Russland wäre für ganz Deutschland ein Riesenproblem. Das wäre der Kollaps für die deutsche Wirtschaft und vor allem für den Mittelstand.“

Politik hat Verantwortung

Er hofft darauf, „dass die Politik das Land nicht mit schnellen Entscheidungen nach unten richtet“. Ganze Industriezweige, die ihre Prozesse nur mit Gas machen können, würden wegfallen. Auch wenn der Krieg, und vor allem das unvorstellbare Leid der Leute, sehr schlimm sind, „letztendlich hat die Politik für unser Volk auch Verantwortung.“ Der Unternehmer wünscht sich, dass Europa bezüglich der Energiefrage zusammenhält. Die Energie-Optimierungsprozesse will das Schönseer Unternehmen weiterführen: „Wir werden heuer die konventionelle Beleuchtung auf tausenden Hallenquadratmetern auf LED umstellen und den Stromverbrauch halbieren.“ Weiter sei geplant, den Wasserverbrauch im Werk um 50 Prozent zu reduzieren.

Produkte werden teurer

Bei Industrie, Handwerk und Handel werden sich die höheren Energiepreise auf die Preisgestaltung auswirken. Das sieht man auch in Schönsee mit Sorge: „Wenn sich der Endverbraucher die teureren Produkte nicht mehr leisten kann, trifft das den Erzeuger.“ „Der Markt wird stagnieren“ fürchtet Günther Irlbacher. Das innovative Oberpfälzer Unternehmen mit Absatzmärkten in über 50 Ländern – derzeit ohne Russland und Ukraine – könne aber eine „noch sehr gute Auftragslage“ verzeichnen.

 
 

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