"Über die Gründung des SPD-Ortsvereins Dachelhofen im Herbst 1923 und das Wirken der Mitglieder vom Gründerjahr bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten liegen nur wenig Dokumente vor", bedauerte die langjährige Dachelhofer Ortsvorsitzende und frühere Stadträtin Hannelore Hanke, die die Historie "ihrer" SPD im Vorfeld des Jubiläums erforscht hatte. 1923 war das Jahr der Hyperinflation mit seinen fast wertlosen Milliarden-Reichsmark-Scheinen und des gescheiterten Hitlerputschs in München. Die junge Weimarer Republik durchlebte damals, als sich die SPD im Schwandorfer Stadtsüden konstituierte, eine schwere Bewährungsprobe. Deutschlands Wirtschaft lag in Scherben, der Staat war bankrott. Um dennoch seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, wurde die Notenpresse angeworfen, bis sie heiß lief. Eine Katastrophe bahnte sich an.
Zwei Werke bringen Mitglieder
In jener Zeit vor 100 Jahren, so Hanke, setzten sich Männer aus Dachelhofen und Büchelkühn im Gasthaus Beer in Naabeck zusammen, um über die Gründung eines SPD-Ortsvereins nachzudenken. Es waren die Genossen Leonhard Jobst und Hans Scharl, die den Ortsverein letztendlich ins Leben gerufen haben. Zum Ortsverein gehören auch die Ortschaften Büchelkühn, Naabeck, Wolferlohe und der Hochrain, heute alles Schwandorf.
Neben den vormals dörflichen Gemeinden Dachelhofen und Büchelkühn mit ihren Bauern, Gastwirten und Händlern, siedelten sich Anfang 1930 auch Arbeiterfamilien an. Grund hierfür war der Bau des Dampfkraftwerkes im Jahre 1930 und des Aluminiumwerks (VAW) im Jahre 1937. Beide Werke bildeten einen wesentlichen Faktor im Wirtschaftsraum Dachelhofen und Schwandorf. Sie waren es, die die rein bäuerlichen Strukturen verdrängten und den Anstoß zur Entwicklung einer modernen Industriegemeinde gaben.
"Die Arbeitnehmer in den Betrieben und die Handwerker haben damals erkannt, dass sich an den Lebensverhältnissen sowie an der politischen Situation vor Ort, aber auch im ganzen damaligen Reich, nur etwas verbessern ließe, wenn sie selbst aktiv wurden", versicherte Hanke. Folglich hätten sie ihr soziales und politisches Schicksal in die Hände genommen und sich als Mitglied in den Ortsverein eingetragen.
1950 neuer Start
Weil Dachelhofen durch die Ansiedelung der beiden Werke ein "Industriedorf" wurde, gab es auch viele Arbeitnehmer, die zur SPD geworben werden konnten. Demnach zählte die SPD Dachelhofen in den Anfangsjahren über 70 Mitglieder. 1980 waren es noch 63. "Leider haben sich diese Zahlen kontinuierlich nach unten verschoben", so Hanke. Heutiger Stand: 18 Mitglieder, davon 3 Frauen.
Nach dem Verbot der Partei 1933 im Dritten Reich und dem Weltkrieg kam es erst wieder im Jahre 1950 zur Belebung des Ortsvereins. Folgende Vorsitzende führten den Ortsverein seit 1950: Hermann Stojan (1950 bis 1964), danach Josef Bösl (bis 1987), Hans Graf (bis 2000), Hannelore Hanke (bis 2022) und seitdem Alexander Ziegler. Als Dachelhofer SPD-Gemeinderäte beziehungsweise als Schwandorfer Stadträte (ab der Eingemeindung der Ortschaft 1978) ließen sich in den letzten sieben Jahrzehnten Hermann Stojan, Johann Strasser, Erich Reuschke, Georg Weindl, Franz Jobst, Josef Bösl, Hans Graf und Hannelore Hanke in die Pflicht nehmen.
Die aktuelle politische Lage mache es "deutlich, dass die SPD noch gebraucht wird". Laut Hanke gelte das unter anderem für das Zurückdrängen rechter Strömungen. "Es muss der Schneeball zertreten werden, denn die Lawine hält niemand mehr auf", zitierte sie Erich Kästner. In die Kerbe der Dankbarkeit und der politischen Ermunterung hieben auch Karin Frankerl (Bezirkstagskandidatin), Peter Wein (Landtagskandidat), Franz Schindler (ehemaliger Landtagsabgeordneter) und Marianne Schieder (Bundestagsabgeordnete) mit ihren Beiträgen.
Kampf und Opfer als Verpflichtung
Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder, die die Festansprache hielt, erinnerte an die Opfer, die Sozialdemokraten in den letzten 100 Jahren für das Land und für die Demokratie gebracht haben: "Ihr Kampf und Opfer müssen uns heute Verpflichtung und Mahnung sein, alles zu tun, damit in unserem Land und nicht nur da, Frieden und Freiheit und die Demokratie erhalten bleiben."
Geehrt wurde auch. Josef Schießl, seit 50 Jahren Mitglied der SPD, wurde im Beisein von Altlandrat Hans Schuierer und Alt-OB Helmut Hey (beide Schwandorf), sowie dem früheren Bundestagsabgeordneten Georg Pfannenstein (Pfreimd) ausgezeichnet. Alexander Ziegler führte durch die Veranstaltung im Gasthaus Filchner in Dachelhofen.
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