Die Geschichte klingt atemberaubend, sie beschäftigte eine Vielzahl von Ermittlern und ereignete sich nach ausführlichen Schilderungen des nun nahezu drei Stunden lang vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts befragten Opfers am ersten Adventssonntag letzten Jahres. An diesem Tag soll die Seniorin von ihrem Sohn gefesselt und beraubt worden sein.
Mit Handschellen gefesselt
Die 81-Jährige wohnt allein in einem Haus im östlichen Kreis Schwandorf, sie hatte schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn. Dann plötzlich, so die Rentnerin, sei der 55-Jährige völlig unverhofft da gewesen. Vorgedrungen über einen unversperrten Seiteneingang. "Er hatte einen Rucksack dabei", erzählte die alte Dame den Richtern und beschrieb dann, wie der eigene Sohn rüde mit ihr umsprang.
Briefe mit Forderungen
Dem Tornister entnahm er zwei Paar Handschellen, fesselte sie, packte derb an der Schulter zu, ging mir ihr hinauf ins Obergeschoss. Dort fiel sie auf den Bauch, wurde nicht lange danach wieder hinunter ins Parterre gebracht.
Nach Angaben seiner Mutter erschien der Frührentner, der später nur ein paar Kilometer weiter an seinem Wohnort festgenommen wurde, weil er offenbar Geld wollte. Unzufrieden angeblich mit 24 000 Euro, die ihm nach dem Tod des Vaters vor elf Jahren ausbezahlt wurden. Danach, so die 81-Jährige, seien Briefe gekommen. Mit Forderungen. Eines der Schreiben trug die Überschrift: "Hallo, gierige Gutsherrin." Man habe auch vermutet, sie besitze eine Million Euro.
Der Überfall begann, wie das Opfer mitteilte, um 9.30 Uhr morgens. Bis 19.30 Uhr sei der Sohn im Anwesen geblieben. Die Seniorin berichtete, wie sie mit den Handschellen an ein Geländer gekettet wurde und ergänzte, dass der 55-Jährige alle Räume im Haus absuchte. Mit dem Ergebnis einer fetten Beute.
100 000 Euro im Keller
Während die Mutter gefesselt an einem Geländer hing, stieß ihr Sohn drunten im Keller angeblich auf acht Kuverts, die sich in einer Tasche befanden. In den Umschlägen lagen 100 000 Euro. "Woher stammte das viele Geld?", fragte die Kammervorsitzende Roswitha Stöber. Die 81-Jährige konnte das erklären: Aus Grundstücksverkäufen und aus einem Betrag, den ihr ein verstorbener Verwandter gegeben habe. Zum Dank dafür, dass sie ihn pflegte.
Dass Bargeld im Gebäude aufbewahrt wurde, wusste eine als Zeugin befragte Tochter der Rentnerin. Aber dass es gleich ein sechsstelliger Betrag war, entzog sich ihrer Kenntnis.
Als der Eindringling nach Anbruch der Dunkelheit das Anwesen verließ, schaltete er nach Angaben seiner Mutter die Sicherungen aus und durchtrennte das Telefonkabel. "Wenn du die Polizei holst, bring' ich dich um", soll er gedroht haben. Alle Ausgänge seien von ihm versperrt worden. Erst am anderen Morgen gegen 6.30 Uhr gelangte die 81-Jährige durch ein Kellerfenster hinaus ins Freie. Sie ging danach fünf Kilometer weit zur nächsten Polizeiwache.
Das Geld fehlt
Die 100 000 Euro und weitere 75 Euro aus einer der Mutter gehörenden Börse sind bis heute nicht wieder aufgetaucht. Auch die Handfesseln und der Rucksack fehlen auf der Sicherstellungsliste. Beim mutmaßlichen Täter gab es eine Hausdurchsuchung. "Es schien so, als hätte er auf uns gewartet", sagte jetzt vor Gericht ein Polizist, der mit dabei war. Am Tatort fanden sich später keine Spuren vom mutmaßlichen Täter.
Auch dafür hatte das Opfer eine Erklärung: "Er hat mit einem Lappen alles abgewischt." Der Prozess am Landgericht wird am Mittwoch fortgesetzt.



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