Schwandorf
07.02.2019 - 15:05 Uhr

Betrunken vor dem Richter

Tierquälerei, Körperverletzung und Beleidigung: Gleich mehrere Delikte wirft die Justiz einem 53-Jährigen vor. Kurz nach Prozessbeginn kommt es zu einem Kuriosum: Im Zustand der Trunkenheit muss sich der Angeklagte abführen lassen.

Weil er mit 2,58 Promille als Angeklagter im Sitzungssaal erschien, hat der Schwandorfer Amtsrichter Thomas Heydn am Donnerstag einen 53-Jährigen festnehmen und in die Ausnüchterungszelle abführen lassen. Heute wird das Verfahren von vorn beginnen.

Am 8. Mai 2018 sprachen zwei Polizeibeamte an einem Haus bei Nabburg vor. Gemeinsam mit Beauftragten des Schwandorfer Tierschutzvereins wollten sie einem Verdacht nachgehen, der sich bei ihrem Besuch erhärtete: Der 53 Jahre alte Bewohner hatte seinen Hund regelrecht abmagern lassen. Das Tier wog acht Kilo. Es hätte aber nahezu das Doppelte auf die Waage bringen müssen.

Alkomat lügt nicht

Die völlig irritierte Hündin wurde vom Besitzer nicht angeleint. Sie sprang herum und biss schließlich eine Frau vom Tierschutzverein. "Der Hundehalter hat nichts unternommen, er wirkte stark alkoholisiert", sagte am Donnerstag einer der eingesetzten Polizisten. Er erinnerte sich ferner, dass das Wort "A...löcher" fiel.

Bis dahin war eine knappe Stunde der Verhandlung vergangen. Der Beschuldigte hatte von Beginn an einen merkwürdigen Eindruck vermittelt. "Hauchen Sie mich mal an", verlangte der Richter und stieß auf Ablehnung. Dann bot er dem Mann eine freiwilligen Alkotest an. Auch das stieß zunächst auf vehementen Widerspruch. "Reine Willkür", entrüstete sich der 53-Jährige.

Der Prozess wurde unterbrochen. Wenige Minuten darauf erschienen zwei Uniformierte der Schwandorfer Polizei. Erneut wurde dem Angeklagten der Alkomat angeboten. Diesmal willigte er ein. Die Lüge "Ich habe nichts getrunken" wurde dabei entlarvt: Das Gerät zeigte stattliche 2,58 Promille an. Derart besoffen saß wohl bisher noch keiner vor der Schwandorfer Justiz.

Ab zur Ausnüchterung

Was dann geschah, besaß Seltenheitswert. Im Einklang mit Staatsanwältin Raphaela Etzold erließ der Vorsitzende einen sogenannten Sitzungshaftbefehl. "Sie sind in keiner Weise verhandlungsfähig und können den Erörterungen nicht folgen", befand Richter Thomas Heydn und ließ den Mann aus dem Raum Nabburg in die Ausnüchterungszelle abführen.

Die Zeugen konnten gehen. Aber nur vorläufig. Doch sie müssen allesamt am heutigen Freitag wieder kommen. Am späteren Vormittag will das Gericht einen neuen Versuch starten, die auf Tierquälerei, Körperverletzung und Beleidigung lautenden Vorwürfe zu klären. Mit einem Angeklagten, wie Heydn hoffte, "der dann nüchtern ist."

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.