Schwandorf
14.10.2022 - 15:21 Uhr

Eindringlicher Bayernwerk-Appell an Privathaushalte im Landkreis Schwandorf: Gas sparen

An der Gasverteilstation in Hartenricht (Stadt Schwandorf) rauscht es. Gas ist da. Dennoch: Der Netzbetreiber Bayernwerk ruft in eindringlichen Worten zum Sparen auf. Das geht besonders die privaten Haushalte im Versorgungsgebiet an.

Alexander Radlbeck, Leiter Gasnetz beim Bayernwerk, liegt Panikmache und Effekthascherei fern. Seine ruhig und besonnen vorgetragenen Worte bei einem Pressegespräch im Regionalstandort Schwandorf lassen aufhorchen. Sie hallen vor allem nach. "Was wir im Oktober zu viel verbraucht haben, wird uns im Februar fehlen." Deshalb sein Appell: "Die Reduzierung des Gasverbrauchs ist unbedingt notwendig. Der Aufruf zur Energieeinsparung generell ist sehr sehr ernst zu nehmen." Beim Gas stellt sich irgendwann vielleicht nicht mehr die Frage nach dem Preis, sondern nach der Verfügbarkeit. Der Schwandorfer Leiter des REgionalstandorts Daniel Liegl legt nach: "Einfach sparen. Wir vermeiden unnützen Gasverbrauch, um die Notfallstufe zu verhindern." Wird diese ausgerufen, heißt es Gashahn auf oder zu. In der jetzt geltenden Alarmstufe haben "die Kunden den Regler noch selbst in der Hand".

Während Gewerbe und Industrie ihre Einsparziele erfüllen, hakt es bei den Privatkunden. Alexander Radlbeck macht deutlich, dass jede noch so minimale Einsparung im Haushalt nützt. Er bezweifelt, ob die angespannte Situation und die Dramatik in dieser Deutlichkeit in der Gesellschaft angekommen sind. Die aktuelle Versorgungslage durch das Bayernwerk ist gesichert, Der Netzbetreiber sei auch gut vorbereitet, aber Prognosen, wie wir durch den Winter kommen, wagt der Leiter Gasnetz nicht. Darauf hat das Wetter starken Einfluss. Wird es ein milder Winter wie 2021/22 oder ein strengerer wie 2020/21? Als Beispiel führt er den September an. Ein gestiegener Verbrauch im Vergleich zum Vorjahresmonat verwundert beim Blick auf die Wetterdaten nicht. Der September 2021 war mild, der 2022 nass und kühl.

Der Füllstand der Gasspeicher mit fast 95 Prozent (Stand vom 11. Oktober) ist erfreulich, aber ab Dezember, mit Beginn der kalten Jahreszeit "wird ausgespeichert", prophezeit Alexander Radlbeck. "Jeder einzelne hat es in der Hand, die Gasspeicher so voll wie möglich zu halten." Das hilft nicht nur über den Winter sondern auch im nächsten Jahr. "Je voller die Gasspeicher im Frühjahr sind, desto weniger muss 2023 eingekauft werden. Wenn wir jetzt sparen, wirkt sich das auf die Börse aus" und letztendlich auf den eigenen Geldbeutel aus. Nach Spitzenpreisen für die Megawattstunde von 350 Euro vor etwa zehn Wochen hat sich dieser laut Bayernwerk auf knapp 100 Euro eingependelt. Dies ist auf Speicherstände und rückläufigen Verbrauch zurückzuführen. "Wo Verknappung vorhanden ist, steigt der Preis", sagt Alexander Radlbeck mit Blick auf leere Speicher nach diesem Winter.

Wird die Notfallstufe ausgerufen übernimmt die Bundesnetzagentur das Abschalten, von Gewerbe und Industrie. Schon jetzt in der Alarmstufe reduzieren diese ihren Gasverbrauch, weitere Einsparungen hätten womöglich Kurzarbeit und unterbrochene Lieferketten zur Folge. Was bei Corona als systemrelevant galt, ist bei der Notfallstufe irrelevant. Auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien, erklärt Alexander Radlbeck, dass auch dem Bäcker oder Metzger der Gashahn zugedreht werden kann, deshalb "trägt bereits jetzt jeder Verantwortung dafür, dass es nicht soweit kommt".

Eine Prognose wagt Alexander Radlbeck auch: "Eine komplette Entspannung ist Mitte 2024 zu erwarten. Es herrscht weltweit kein Gasmangel. Die Lieferbeziehungen müssen neu aufgebaut werden." Und der Leiter Gasnetz weiter: "Bei allen Aufrufen sehen wir nicht pessimistisch in die Zukunft." Es geht in die richtige Richtung. Gemeint sind der Bau von LNG-Terminals, Speicherfüllstände, Netzstabilität. "Wir können die Krise meistern", meint Bayernwerk-Sprecher Michael Bartels und setzt auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Mithilfe eines jeden. Das Abnabeln von Russland geht nicht von heute auf morgen. sondern bis 2024. In der Verteilstation in Hartenricht zum Beispiel kam vor dem Ukrainekrieg vornehmlich russisches Gas an. Jetzt springen über das europäische Verteilnetz, Länder wie die Schweiz mit Rückeinspeisungen oder die Niederlande ein und sorgen für ein beständiges Rauschen an der Station.

Hintergrund:

Notfallplan Gas

  • Frühwarnstufe: Ausgerufen am 30. März 2022. Der Staat greift nicht ein. Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilnetzbetreiber ergreifen marktbasierte Maßnahmen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten
  • Alarmstufe: Ausgerufen am 23. Juni 2022. Marktakteure kümmern sich primär in Eigenregie um eine Entspannung. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, kann die Bundesregierung unterstützend tätig werden, etwa indem sie
    Unternehmen der Gasversorgungskette hilft, bei starken Preisanstiegen zahlungsfähig zu bleiben.
  • Notfallstufe: Reichen die Maßnahmen der Frühwarn- oder der Alarmstufe nicht aus oder tritt eine dauerhafte Verschlechterung der Versorgungssituation ein, kann die Bundesregierung per Verordnung die Notfallstufe ausrufen. Die
    Bundesnetzagentur kann zum "Bundeslastverteiler" werden. Dieser obliegt dann in enger Abstimmung
    mit den Netzbetreibern die Verteilung von Gas. (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz)
  • Situation der Gasversorgung: Die Bundesnetzagentur veröffentlicht jeweils um 13 Uhr einen tagesaktuellen Lagebericht, unter anderem mit Grafiken zur Gasimporten und Speicherfüllständen. www.bundesnetzagentur.de
 
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