Hühner in der Zuchtanlage erstickt: "Farmer" vor Gericht

Schwandorf
17.05.2022 - 10:11 Uhr
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In der riesigen Zuchtanlage wurden 85.000 Hühner und 7000 Gockel gehalten. Vier Tiere aus der gigantischen Federviehansammlung kamen zu Schaden. Vor dem Amtsgericht Schwandorf wurde erörtert, weshalb das so war.

Wegen eines Vergehens gegen das Tierschutzgesetz musste sich ein 40-Jähriger vor dem Schwandorfer Amtsgericht verantworten.

Die Kontrolleure aus dem Veterinäramt erschienen unverhofft. Am 3. August 2020 statteten sie der Massentierhaltung im Landkreis Schwandorf einen Besuch ab und stießen in den Räumlichkeiten auf drei tote Hühner. Sie waren mit dem Hals in ein Futtergitter geraten und hatten sich bei Befreiungsversuchen selbst erdrosselt.

Da seien Anlagenmängel umgehend zu beheben, wurde von Amts wegen angeordnet. Als am 18. August 2020 erneute Überprüfungen in der Maststallanlage stattfanden, hatte sich nach Ansicht der Behördenvertreter nichts geändert. Im Gegenteil: Es gab ein Huhn, das mit einem seiner zwei Beine in der Futteranlage feststeckte und, weil erheblich verletzt, umgehend geschlachtet werden musste.

Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

Der vor dem Schwandorfer Amtsrichter Holger Vogl geführte Prozess wegen eines Vergehens gegen das Tierschutzgesetz gab Einblicke in die Organisationsform des damals mit 85.000 Hühnern und 7000 Gockeln bestückten Großstalls. Auf der Anklagebank saß ein 40-Jähriger, der durch einen Dolmetscher übersetzen ließ, er sei keineswegs Betriebsleiter in der Zuchtanlage gewesen. "Was dann?", fragte Richter Vogl und erhielt eine durchaus verblüffende Antwort: "Ich war Farmer".

Der Unterschied wurde dem Richter erklärt. Der Farmer, so erfuhr Holger Vogl, sei für das Wohlergehen der Tiere zuständig, nicht aber für technische Abläufe. Hierfür liege die vertraglich vereinbarte Verantwortung bei den Anlagebetreibern. Gleichwohl, so fügte der 40-Jährige seinen Darlegungen hinzu, habe er sich seinerzeit um die Mängelabstellung bemüht. Aber eine beauftragte Firma sei, als die zweite Kontrolle ablief, noch nicht am Ende ihrer Arbeiten gewesen.

Einspruch gegen Strafbefehl

Der zwischenzeitlich längst nicht mehr als "Farmer" arbeitende Familienvater, der zu seiner Interessensvertretung eigens einen Anwalt aus Hamburg anreisen ließ, hatte von der Staatsanwaltschaft Amberg einen Strafbefehl erhalten und dagegen Einspruch erhoben. Bemerkenswert nahm sich dabei aus: Der Einspruch war auf den sogenannten Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Damit hatte der Mann seine Verantwortlichkeit für die Vorgänge im Maststall zugegeben. Er wollte nur milder bestraft werden. Nun muss er 2700 Euro bezahlen und damit weniger, als die ursprünglich im Strafbefehl stehende Summe.

Im Ohr werden Sätze bleiben, die der 40-Jährige dem Richter sagte. Erst gab er von sich: "Momentan werden Menschen umgebracht, wobei die Täter unbestraft bleiben. Und hier geht es um ein paar Hühner." Dann folgte: "Bei 85.000 Tieren gibt es immer solche Zwischenfälle. Das war ein Betriebsunfall."

 
 

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