Joseph Ratzingers Fehler aus seiner Zeit als Erzbischof in München-Freising sind wohl-dokumentiert. Der Mann hat systematisch Missbrauch an Kindern ignoriert, wenn nicht aktiv gedeckt. Geschadet hat es seiner Karriere nachweislich nicht.
Der Reflex, einen Vertreter der eigenen Zunft zu verteidigen, mag nachvollziehbar sein. Falsch ist er trotzdem. Wenn der Nabburger Stadtpfarrer Hannes Lorenz mehrmals darauf hinweist, damals sei das alles noch ein bisschen anders gewesen und man könne das nicht an Benedikt festmachen, verkennt er die Rolle katholischer Sexual-Moral. Ja, in den 1970er-Jahren war einiges im Umbruch – doch sollten kirchliche Verhaltensregeln nicht Jahrhunderte überdauern? Ist es nicht genau das Alleinstellungsmerkmal, das man für sich beansprucht – eine zum Teil mehr als veraltete, aber dafür stabile Moralvorstellung?
Stellen wir uns für einen Moment vor, Joseph Ratzinger wäre Vereinspräsident eines Fußballclubs gewesen, dessen Jugendtrainer unter seiner Ägide systematisch Kinder missbrauchten. Würde irgendein Pfarrer dieser Welt ihm die Erzählung durchgehen lassen, damals sei das mit der Sexualethik einfach alles anders gewesen? Nein, es darf keine Ausreden mehr geben, alles muss auf den Tisch – damit hat der Schwandorfer Dekan Hans Amann recht. Wenn die katholische Kirche aus diesem neuerlichen Fiasko, aus diesem tausendfachen Leid immer noch nichts lernt, beschleunigt sie den eigenen Gang in die Bedeutungslosigkeit.
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