Schwandorf
22.03.2019 - 11:22 Uhr

Redewendungen im Dialekt

Es henkt niad 100 Joa àf oi Seitn. Es geht fast nicht bildhafter, um die Hoffnung auf Besserung oder eine Kehrtwende auszudrücken.

Anders als auf diesem Bild kann man in Bezug auf das Leben sagen: „Es henkt niad 100 Joa àf oi Seitn“, denn es gleicht sich oft vieles aus. Bild: slu
Anders als auf diesem Bild kann man in Bezug auf das Leben sagen: „Es henkt niad 100 Joa àf oi Seitn“, denn es gleicht sich oft vieles aus.

„Eine Redewendung, auch Phraseologismus, Idiom oder idiomatische Wendung, ist eine feste Verbindung mehrerer Wörter zu einer Einheit, deren Gesamtbedeutung sich nicht unmittelbar aus der Bedeutung der Einzelelemente ergibt. Es handelt sich um ein rhetorisches Stilmittel und um den Spezialfall einer Kollokation.“ – So „gestelzt“ diese Definition aus Wikipedia auf den ersten Blick klingen mag, so sehr spiegelt sie das Wesen eines Wortschatzbereichs wider, der auch und gerade im Dialekt eine große Rolle spielt. Diese Sprachvarietät des Deutschen zeichnet sich nämlich grundsätzlich durch eine ausgeprägte Bildhaftigkeit aus, und es sind vor allem auch die Redewendungen, die dazu beitragen, denn laut Duden ist eine Redewendung „eine feste Verbindung von Wörtern, die zusammen eine bestimmte, meist bildliche Bedeutung haben“.

Besser als jede wohlfeile Erklärung kann dies mit einem Beispiel aus dem täglichen Sprachgebrauch zum Ausdruck gebracht werden, wie etwa „Es henkt niad 100 Joa àf oi Seitn.“ In der Tat ergibt sich hier die Gesamtbedeutung nicht unmittelbar aus der Bedeutung der Einzelelemente. Dies beginnt schon mit dem Satzgegenstand „es“, womit eine bestimmte (in der Regel negative) Situation der betreffenden Person gemeint ist. „100 Joa“ wiederum steht metaphorisch für einen sehr langen Zeitraum, und „henkt niad àf oi Seitn“ heißt, dass sich die angesprochene Situation ins Gegenteil verkehren wird.

Der folgende konkrete Fall möge dies veranschaulichen: Die deutsche Skirennläuferin Viktoria Rebensburg musste in der Vergangenheit bei sportlichen Großereignissen wiederholt mit sehr knappen Abständen mit dem zweiten oder vierten Platz vorlieb nehmen. Da im Sport irgendwann einmal jede Serie reißt, könnte sie sich in der Hoffnung auf eine Glückssträhne mit dem Satz trösten: „Es henkt niad 100 Joa àf oi Seitn.“ Wie realistisch dieser Trost ist, wird die Zukunft zeigen.

Ähnlich ist es in der Politik, wenn eine Partei bzw. eine Koalition über mehrere Wahlperioden hinweg die Mehrheit und damit das Sagen hat. Der Gegenseite bleibt dann nur mehr die Hoffnung auf eine Kehrtwende, ganz nach dem Motto: „Es henkt niad 100 Joa àf oi Seitn.“

 
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