„Psychische Erkrankungen sind in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen“, stellte Bezirkstagspräsident Franz Löffler bei einer Pressekonferenz am Mittwoch im Oberpfälzer Künstlerhaus fest. Er will die in seelische Not geratenen Menschen herausholen aus der Tabu-Ecke und sie auf dem Weg zurück in die Normalität begleiten.
Nun erweitert der Bezirk das Angebot der Leitstelle „Krisendienst Oberpfalz“ um einen mobilen Dienst. Er lässt sich diese Hilfe im Jahr insgesamt eine Million Euro kosten, den gleichen Betrag gewährt der Freistaat Bayern als Förderung. „Der volkswirtschaftliche Schaden wäre ungleich höher, wenn wir den Betroffenen nicht helfen würden“, relativiert Löffler den finanziellen Aufwand.
Wer bayernweit die Notrufnummer 0800/6553000 wählt, wird rund um die Uhr automatisch mit der Leitstelle seines Bezirks verbunden. Die Oberpfälzer Zentrale hat ihr Büro in der Friedrich-Ebert-Straße 1 in Schwandorf. Dort nehmen Leiterin Katjenka Wild und ihre Mitarbeiter die Anrufe entgegen und führen im Schnitt 15 Gespräche am Tag.
„Meistens rufen Angehörige an und bitten um Hilfe“, erklärt die Teamleiterin. Aber auch Betroffene selbst und vor allem ältere, einsame Menschen greifen zum Hörer. Die ausgebildeten Fachkräfte am anderen Ende der Leitung nehmen sich Zeit für die Gespräche und entscheiden über das weitere Vorgehen. Reicht eine Kontaktaufnahme mit einem der Netzwerkpartner aus oder ist akutes Eingreifen notwendig? Diese Frage muss in der Leitstelle entschieden werden. Bei einer akuten Notlage soll innerhalb einer Stunde ein ausgebildetes Helferteam vor Ort sein, lautet das ambitionierte Ziel des Krisendienstes.
„Dafür brauchen wir eine Rufbereitschaft“, betont der Geschäftsführer der „Krisendienst Oberpfalz GmbH“, Jens Scheffel. Mit einem fest angestellten Personal und mobilen Einsatzkräften will er ab 1. Juni Soforthilfe rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr gewährleisten.
Zum hauptamtlichen Team gehört die Sozialpädagogin Alina Mende. Sie hat täglich mit Menschen zu tun, "die akut überfordert sind“. Es sei immer wieder eine neue Herausforderung, diesen Betroffenen zeitnah eine Hilfestellung anbieten zu können. Alina Mende erkennt „die hohe Verantwortung“. Es gehe zunächst darum, Stress abzubauen und erste Schritte zur Klärung und Behandlung der Krise einzuleiten.
Träger der Einrichtung ist eine GmbH mit zwölf Gesellschaftern, die Jens Scheffel zum Geschäftsführer berufen haben. Der Lehrer für Mathematik und Physik war zuvor Personalvorstand einer privaten Bildungseinrichtung in Regensburg und ist seit März 2020 mit dem Aufbau der Strukturen befasst. Die Geschäftsstelle befindet sich in den 160 Quadratmeter großen Räumen einer ehemaligen Physiotherapiepraxis in der Friedrich-Ebert-Straße.
Ausgangspunkt war das „Bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ aus dem Jahr 2018. Darin beauftragt der Freistaat die Bezirke mit dem Aufbau von Strukturen zur Akuthilfe für psychisch kranke Menschen. Der Leiter der Sozialverwaltung im Bezirk, Benedikt Schreiner, hat sich zum Ziel gesetzt, bis 1. Juni ein Team für mobile Dienste zusammenzustellen. Oberbürgermeister Andreas Feller bedankte sich für „das Vertrauen des Bezirks in die Große Kreisstadt“ und betonte: „Schwandorf ist ein guter Standort für die Leitstelle“.
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