Die Justiz braucht Genauigkeit. Doch exakt das ist im Fall von rücksichtslosen Dränglern auf Autobahnen oft schwierig. Vor der Amtsrichterin Jennifer Jäger erschien ein 59-Jähriger aus dem nördlichen Kreis Schwandorf, der im November 2018 mit seinem Wagen auf der A 93 bei Nabburg unterwegs war. Der Mann überholte ein Lkw-Gespann und sah plötzlich, wie von hinten ein Raser nahte. Erst Lichthupe, Augenblicke später ein so nahes Auffahren, "dass ich die Scheinwerfer im Rückspiegel nicht mehr sah."
Der 59-Jährige setzte seinen Überholvorgang fort, scherte dann auf die rechte Fahrspur ein und bemerkte, wie der Drängler ihm im Vorüberfahren Handbewegungen zeigte, die an den beleidigenden "Scheibenwischer" erinnerten. Das ganze Verhalten ging ihm entschieden zu weit. Er notierte das in Regensburg ausgegebene Kennzeichen und erstattete Anzeige.
Bei einer Befragung sagte der schikanierte 59-Jährige, der Mann am Steuer des Autos sei womöglich "35 bis 45 Jahre alt" gewesen. Im Gerichtssaal traf er nun auf einen 62-Jährigen. Der sei es wohl gewesen, ließ der Zeuge anklingen. Doch da hakte Rechtsanwalt Uwe Müller, Verteidiger des während der ganzen Verhandlung schweigenden Angeklagten, sehr intensiv nach. Denn für ihn klafften da Unterschiede.
Wer steuerte das Auto? Ein Sohn des Beschuldigten kam ins Gespräch. Doch der war, wie die Polizei feststellte, zum Zeitpunkt der Begebenheit im Ausland. Also konnte es, wie die Nachforschungen ergaben, nur sein Vater gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt waren die "Scheibenwischer"-Bewegungen vom Tisch. Denn der in seinem Fahrverhalten genötigte 59-Jährige hatte von sich aus angegeben, es hätte sich auch um Armbewegungen während eines über die Freisprechanlage geführten Telefonats des Dränglers handeln können.
Nach eineinhalb Stunden war die Verhandlung an einen Punkt gelangt, bei dem die Richterin weitere Zeugen zur Aufklärung benötigt hätte. Allerdings ohne einschätzen zu können, ob sie zur Aufhellung etwas hätten beitragen können. Sie machte deshalb den Vorschlag, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Und siehe da: Der keinerlei Angaben machende 62-Jährige war einverstanden. Er zahlt nun 1200 Euro Geldauflage. In dem von ihm angefochtenen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft waren noch 2400 Euro und ein Fahrverbot gestanden.
Als Erkenntnis war mitzunehmen: Wer in eine solche auf Bundesautobahnen fast schon alltägliche Situation gerät, sollte ein fotografisches Gedächtnis haben. Denn damit, dass Beschuldigte schweigen und ihre Anwälte reden lassen, ist zu rechnen.













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