Es war wohl so etwas wie die erste Liebe, der Altersunterschied allerdings beträchtlich. So groß, dass sich am Dienstag ein heute 20-Jähriger wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern vor dem Schwandorfer Jugendschöffengericht verantworten musste. Der junge Mann gab unumwunden zu, was ihm Staatsanwalt Jakub Uhlik in der Anklage vorhielt: Er hat mindestens fünfmal mit seiner Freundin geschlafen – die war aber erst 13 Jahre alt und galt damit vor dem Gesetz als Kind. Der Sex sei immer einvernehmlich gewesen, betonte der Angeklagte, die Initiative dazu sowohl von ihm als auch von der 13-Jährigen ausgegangen.
Der mittlerweile ausgelernte Kaufmann stellte sich – damals gerade 18 Jahre alt – brav gleich beim ersten Treffen der Mutter der 13-Jährigen vor. Die hatte, so sagte das der Angeklagte vor Gericht, nach außen hin nichts gegen das Techtelmechtel. Das junge Pärchen aus dem Landkreis Schwandorf traf sich regelmäßig, mal mit Freunden, mal bei dem Angeklagten. So unschuldig, wie die Beziehung begonnen hatte, blieb sie aber nicht. Das belegen Chatverläufe, die die Polizei ausgewertet hat. Über 6000 Nachrichten tauschten die Beiden binnen ihrer etwa eineinhalbjährigen Partnerschaft aus.
Auch Bilder ausgetauscht
Besonders zwischen Januar und März 2020, sagte ein Kriminalbeamter als Zeuge vor Gericht, ging es sehr explizit um sexuelle Praktiken, auch Bilder wurden ausgetauscht. "Da waren Sachen dabei, da wäre die Reeperbahn rot geworden", sagte Amtsgerichtsdirektorin Petra Froschauer später in der Urteilsbegründung. Letztlich waren es diese Chats, die die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatten, nachdem die Mutter sich ans Jugendamt und die Polizei gewandt hatte. Die Beziehung hatte sie da offenbar mit einem Machtwort beendet. "Wir haben keinen Kontakt mehr, seit die Polizei bei mir war," sagte der Angeklagte.
"Ich hatte wenig Chancen bei Gleichaltrigen", betonte der heute 20-Jährige, der in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist. Vielleicht habe er deshalb Kontakt zu jüngeren Mädchen gesucht. Die 13-Jährige war seine erste Freundin. Problemlos war die Beziehung nicht, Eifersüchteleien führten zu Streit. Einmal drohte der Angeklagte seiner Freundin mit Selbstmord, würde sie ihn verlassen – und schickte ein Bild samt Messer und Handgelenk mit. Eine Tatsache, die Staatsanwalt Uhlik dem nicht vorbestraften Angeklagten vorhielt: Das spreche schon dafür, dass das Mädchen unter Druck gesetzt wurde. "Es war schwer an sie heranzukommen," erläuterte eine Polizeibeamtin, die die 13-Jährige angehört hatte. Als Zeugin musste das Mädchen vor Gericht nicht aussagen. Als das Mädchen mitbekommen habe, dass dem Freund Strafe drohe, habe sie sich komplett abgekapselt. "Ich hatte den Eindruck, sie ist handysüchtig", sagte die Beamtin, "vieles drehte sich nur um das Smartphone".
"Zuchtmittel" gefordert
Ankläger Uhlik und Verteidiger Dr. Gunther Haberl waren sich in einem einig: Wie von der Jugendgerichtshilfe vorgeschlagen, solle Jugendstrafrecht angewendet werden. Der Staatsanwalt allerdings sah hinter den fünf Taten eine Schwere der Schuld, die mit einer Jugendstrafe geahndet werden müsse. Er forderte ein Jahr Jugendstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, und eine Geldauflage von 1000 Euro. Rechtsanwalt Haberl hielt dagegen, dass die Drohung mit Selbstverletzung in jugendlichem Alter so untypisch nicht sei. Freilich hätte sein Mandant wissen müssen, dass Sex mit einem Kind verboten ist, selbst wenn er einvernehmlich ist. Die Chats sprächen außerdem dafür, dass das Mädchen "so unbedarft nicht ist". Haberl plädierte auf ein "Zuchtmittel" – eine Geldauflage.
Dem schloss sich das Jugendschöffengericht an. Es verurteilte den heute 20-Jährigen, der 1800 Euro verdient und Schulden abstottert, zu einer Geldauflage von 2400 Euro. Das Geld geht an die Tafel in Nabburg. Die Schuld sei dem Angeklagten nicht in dem Maße aufzubürden, dass eine Jugendstrafe nötig sei, sagte Vorsitzende Froschauer. Zwischen den beiden hätte eine längere Partnerschaft bestanden, der Geschlechtsverkehr war einvernehmlich. Dennoch solle der Angeklagte spüren, dass die sexuelle Beziehung eine strafbare Handlung war.
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