Schwandorf
22.07.2020 - 08:35 Uhr

Stadtgeschichte im Boden

Lohnt sich der zeitliche und finanzielle Aufwand für die Suche nach Tonscherben und Stadtmauerresten aus längst vergangenen Tagen? Friedrich Loré hat dazu eine klare Meinung: „Wer seine Wurzeln nicht kennt, weiß auch nicht, wohin er geht“.

Beim Graben am Spitalplatz in Schwandorf entdeckten die Bauarbeiter Reste der historischen Stadtmauer und über 400 kleinere Fundstücke. An dieser Stelle soll eine Außenstelle des Landesjugendamtes entstehen. Bild: Hirsch
Beim Graben am Spitalplatz in Schwandorf entdeckten die Bauarbeiter Reste der historischen Stadtmauer und über 400 kleinere Fundstücke. An dieser Stelle soll eine Außenstelle des Landesjugendamtes entstehen.

„Wir haben schon vermutet, dass hier etwas drunter liegt“, sagte Oberbürgermeister Andreas Feller bei der Besichtigung der Grabungsstätte zwischen der Spital- und der Fronberger Straße. Seit dem Abriss der letzten Gebäude diente das Gelände als Parkplatz.

An dieser Stelle will das bayerische Familienministerium eine Außenstelle des Landesjugendamtes errichten. Beim Graben der Fundamente stießen die Bauarbeiter auf Teile der Stadtmauer aus dem 15. sowie Gruben, Tonscherben und Gerberbottiche aus dem 17. Jahrhundert.

Schwandorf23.02.2020

Das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach schaltete das Landesamt für Denkmalpflege ein, das wiederum die Firma "Adilo" GmbH mit der Untersuchung beauftragte. Das fünfköpfige Grabungsteam brachte bislang über 400 „archäologische Befunde“ ans Tageslicht und dokumentierte sie einzeln. Archäologe Friedrich Loré führte die Vertreter der Stadt, des Bauamtes und der Denkmalpflege nun über die Baustelle. Der Archäologe und Geschäftsführer der Firma "Adilo" in Parsberg sieht in den historischen Befunden „erhaltenswerte Rohstoffe, die nicht nachwachsen“.

Die 1,20 Meter breiten Fundamente der ehemaligen Stadtmauer wurden nur bis zur notwendigen Bautiefe des neuen Gebäudes freigelegt. „Unser Ziel ist es, möglichst viel von der archäologischen Substanz ungestört im Boden zu lassen“, erklärt der stellvertretende Referatsleiter am „Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege“, Christoph Steinmann.

Die Archäologen stießen auch auf Gruben, Brunnen und Gerberbottiche und entdeckten zwischen den Stadtmauerresten und der Fronberger Straße eine Schicht mit Tonscherben aus dem 17. Jahrhundert. Ausgrabungsleiter Friedrich Loré vermutet, „dass es sich bei der Keramik um Töpferabfälle handelt, die außerhalb der Stadt entsorgt worden sind“.

Die Fundstücke bleiben zunächst in der Obhut des Landesamtes für Denkmalpflege. Oberbürgermeister Andreas Feller ist allerdings sehr daran gelegen, die Dokumente auch den Bürgern der Stadt Schwandorf zugänglich zu machen. Die Verzögerungen beim Bau der Außenstelle des Landesjugendamtes nimmt er in Kauf. „Wir bleiben dennoch im Zeitplan“, so der Rathaus-Chef. Ende 2021 soll es losgehen. Bis dahin wird die Baustelle mit Sand abgedeckt.

Schwandorf01.07.2020
Grabungstechniker Urkas Guderlei von der Firma ADILO vermisst und dokumentiert jedes einzelne Fundstück. Bild: Hirsch
Grabungstechniker Urkas Guderlei von der Firma ADILO vermisst und dokumentiert jedes einzelne Fundstück.
 
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