Kein Bedarf, fehlerhaft beurteilt, nicht nachvollziehbar bewertet: Die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte stellt den Planungsunterlagen der Tennet für den Süd-Ost-Link ein schlechtes Zeugnis aus. Die Mängel spiegeln sich in den Einwendungen wider, die die Kanzlei im Auftrag der Stadt gegen den Abschnitt D (Pfreimd-Ohu) im Verfahren einlegt. Rechtsanwalt Eric Weiser-Saulin erläuterte das Vorgehen am Mittwoch dem Hauptausschuss, der sie einstimmig billigte.
Jetzt Einfluss nehmen
Die Unterlagen geben einen Trassenkorridor vor, der etwa einen Kilometer breit ist und im Westen über die Kreither Höhen an der Stadt vorbei führt. Eine konkrete Linie für das Erdkabel ist damit noch nicht vorgegeben. "Wir haben besonders methodische Mängel aufgegriffen", sagte Weiser-Saulin, und die Juristen fanden eine ganze Menge. Der Anwalt verwies darauf, dass dem Trassenkorridor große Bedeutung zukommt. Ist dieser in der Bundesfachplanung festgelegt, muss der endgültige Kabelgraben dort verlaufen. Deshalb müsse schon jetzt Einfluss genommen werden, "damit möglichst nicht der Schwandorf betreffende Korridor festgestellt wird". Die Einwendungen greifen die Planunterlagen in drei Ebenen an.
Für den Süd-Ost-Link besteht nach Ansicht der Juristen kein vernünftig gebotener Bedarf. Das Vorhaben missachte das "NOVA-Prinzip", nachdem Netzoptimierung vor einem Ausbau zu betreiben ist. Ferner führt die Kanzlei an, dass der Süd-Ost-Link weder der preisgünstigen noch eine verbraucherfreundlichen Energieversorgung diene, wie im Gesetz gefordert. Die Stromtrasse "dient überwiegend dem grenzübergreifenden Stromhandel, das heißt im Wesentlichen den beteiligten Übertragungsnetzbetreibern, nicht aber den Verbrauchern", stellt die Kanzlei fest.
Die Unterlagen sind aus Sicht der Kanzlei Baumann mangelhaft. Eine ganze Reihe fehlender oder unzureichender Untersuchungen wird angeführt, "um zu zeigen, was die Vorhabenträger noch nachliefern müssen," sagte Weiser-Saulin. Nur anhand der vollständigen Untersuchungen sei ein objektiver Vergleich der Korridorvarianten möglich. Die Anwälte gehen hier auf Belange der Landwirtschaft ebenso ein wie auf den Umweltschutz, auf Belange des Regionalplans oder der Planungen der Stadt. Mit der Forderung nach weiteren Untersuchungen verbindet der Anwalt eine weitere Absicht: "Man gewinnt dadurch auch Zeit." So könne sich die Politik nochmal Gedanken darüber machen, ob die Trassen in dieser Größe überhaupt realisiert werden müsse. "Der Widerstand gegen die Projekte wird größer".
Die konkrete Festlegung des Vorzugs-Trassenkorridors ist nicht nach objektiven Kriterien erfolgt. "Die Objektivität ist in diesem Verfahren bislang nach unserer Einschätzung nicht gegeben", sagte der Anwalt. So ist aus Sicht der Kanzlei das Ergebnis des Vergleichs zwischen dem Korridor über das Stadtgebiet und einem Korridor über Gebiet der Gemeinden Ensdorf und Ebermannsdorf nicht nachvollziehbar. Der Vorzugskorridor über Schwandorfer Gebiet schneide in vielen Teilbewertungen schlechter ab als die Alternative, werde am Ende aber aus nicht nachvollziehbaren Gründen als vorteilhaft bewertet.
Besonders gravierend sehen die Anwälte an, dass die Vorhabenträger bei erheblichen Konfliktpunkten in dem ein Kilometer breiten Korridor darauf verweisen, dass das Problem bei der genauen Trassierung der Leitung lösbar sei. Das ist aus Sicht der Juristen nicht zulässig. "Es geht ja darum, einen möglichst raumverträglichen Korridor festzulegen. Da kann ich nicht sagen, ich untersuche das erst, wenn ich die genaue Trasse festlege", sagte Weiser-Saulin.
"Wir vertrauen darauf, dass Sie das gewissenhaft gemacht haben," sagte CSU-Sprecher Andreas Wopperer. Besonders nachvollziehbar sei die Kritik an der Methodik, "das ist uns vom Ostbayernring noch in bester Erinnerung." Wopperer sprach das "berühmte Punktesystem" an, "als wir uns alle gefragt haben, wie denn die Betrachtung des Schutzgutes Mensch zustande gekommen ist." Es stehe für die CSU außer Frage, "dass auch in diesem Verfahren ähnlich hantiert wird." Es gelte, die beste Lösung für die Bürger zu finden.
SPD-Fraktionschef Franz Schindler lobte die Stringenz, mit der die Einwendungen geführt werden. Ein Problem aus seiner Sicht sei die Argumentation bei Thema Bündelung des Links mit dem Ostbayernring, wenn die Stadt einerseits die gemeinsame Trassierung und Erdverkabelung fordert, andererseits aber für eine Trasse des Links noch weiter im Westen eintritt. Weiser-Saulin stellte klar, dass die Einwendung darauf zielt, dass die Bündelung nur zieht, wenn die Vorzugstrasse des Süd-Ost-Links auf Schwandorfer Gebiet liegt. "Wir als Freie Wähler wollen diese Stromleitungen gar nicht," sagte Dieter Jäger. Um so wichtiger sei ein detaillierter Widerspruch gegen das Vorhaben. Alfred Damm (ÖDP) äußerte ebenfalls Zustimmung, besonders weil der grundsätzliche Bedarf und der Umweltschutz genau beleuchtet werde. Die HGÜ-Leitung diene eben nicht dazu, um grünen Strom aus dem Norden nach Bayern zu leiten, sondern vielmehr dazu, Kohlestrom nach Südosteuropa.
"Profis im Boot"
Kurt Mieschala äußerte seinen Respekt über die Detailgenauigkeit, mit der die Trasse angegriffen wird. "Es war schon wichtig, dass wir uns Profis ins Boot geholt haben". Wolfgang Schuster wollte, dass das Thema "Strahlenschutz" hinsichtlich Magnetfeldern noch vertieft beleuchtet werden soll. Das soll erfolgen. Der Hauptausschuss beschloss, die Einwände im Bundesfachplanungsverfahren einzubringen. Nächster Schritt dieses Verfahrens wird ein Erörterungstermin sein.
Frist läuft noch
Die Einwendungsfrist gegen die Pläne für den Abschnitt D des Süd-Ost-Links von Pfreimd bis Ohu bei Landshut läuft noch bis 11. Juli. Jedermann kann sich zu dem Vorhaben äußern. Im Internet sind die Unterlagen unter www.netzausbau.de/beteiligung5-d einsehbar. Dort wird auch ein Onlineformular für Stellungnahmen zur Verfügung gestellt. (ch)
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