Seit geraumer Zeit beobachten Fachkräfte, Kooperations- und Netzwerkpartner im Landkreis Schwandorf die Tendenz, dass die Versorgungssituation für Neugeborene, Klein-Kinder und deren Familien immer schwieriger wird. Ein Alarmsignal, das von Vertreterinnen der Koordinationsstelle frühe Kindheit (Koki), dem Leiter des Kreisjugendamtes, Martin Rothut, und der Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Stefanie Bauer, zum Anlass genommen wurde, zu einem runden Tisch einzuladen. Daran beteiligten sich laut einer Mitteilung aus dem Landratsamt Hebammen, Ärzte, Kinderkrankenschwestern sowie Vertreter der Frühförderstelle, der Erziehungsberatungsstelle, der Schwangerenberatungsstelle und von weiteren Fachdiensten des Gesundheitsamtes.
"Ziel des Gespräches war, mehr Transparenz hinsichtlich der aktuellen Situation aus dem Blickwinkel der einzelnen Beteiligten zu schaffen, bestehende Probleme zu benennen und Lösungsansätze auszuarbeiten", heißt es in der Mitteilung weiter. Im Landkreis Schwandorf seien derzeit 24 Hebammen gemeldet. Gerade die an diese Berufsgruppe gestellten Anforderungen unterlägen einem ständigen Wandel, einhergehend mit einem kontinuierlichen Anstieg der zu tragenden Verantwortung. Ein in der öffentlichen Wahrnehmung viel zu wenig bekannter Grund hierfür möge die sukzessive Kürzung der stationären Krankenhausaufenthalte nach der Entbindung sein.
Die ambulante Hebammennachsorge werde allerdings nicht automatisch jeder Wöchnerin zugeteilt. Erschwerend komme auch das pauschale Abrechnungssystem für den Hebammen-Hausbesuch hinzu. Der Standardbetreuung wird laut Mitteilung nicht mehr als 20 bis 25 Minuten eingeräumt – eine Zeitspanne, die oft bei Weitem nicht reiche, alle Unsicherheiten und Fragen zu klären, geschweige denn Mutter und Kind umfassend zu untersuchen. Aktuell sollte bereits mit Feststellung einer Schwangerschaft unbedingt Kontakt zu einer Hebamme hergestellt werden. Auch sollten werdende Eltern motiviert werden, intensiver vorgeburtliche Angebote wie Geburtsvorbereitungskurse wahrzunehmen.
Nur fünf Kinderarztpraxen
Mit nur fünf Kinderarztpraxen im Landkreis sei auch die pädiatrische Versorgung angespannt. Aufnahmestopps und lange Wartezeiten bei der Terminvergabe seien keine Seltenheit. Um gerade die frühen Untersuchungen der ganz Kleinen sicherzustellen (U2/U3), ist daher laut Mitteilung ein vorausschauendes Planen und eine Abstimmung der Akteure untereinander sowie in Kooperation mit den werdenden Eltern enorm wichtig.
Erfreulicherweise seien die niedergelassenen Praxen und die Geburtsklinik des Landkreises nicht nur für das Thema sensibilisiert, sondern auch um Lösungsansätze bemüht. So biete das St. Barbara Krankenhaus bei frühzeitiger Entlassung die „Ambulante U2“ an; bei vielen Kinderärzten würden Kinder, die einer U2/U3 bedürfen, vorrangig behandelt.
Sprachbarriere eine Herausforderung
Einstimmigkeit bei allen Beteiligten herrschte laut Mitteilung, dass die Sprachbarriere bei der Betreuung der zahlenmäßig kontinuierlich steigenden Klientel mit Migrationshintergrund eine enorme Herausforderung, wenn nicht Überforderung darstelle. So bleibe nicht selten das mulmige Gefühl bei den Verantwortlichen zurück, die Versorgung der Schutzbedürftigen nicht ausreichend gewährleisten zu können.
Im Ausblick auf die Zukunft stimme optimistisch, dass das Studienangebot für Hebammen mit Ableistung der praktischen Studienphase am St. Barbara Krankenhaus in Schwandorf gut angenommen werde, "so dass es hoffentlich gelingen mag, die Hebammenzahl im Landkreis im Verlauf der kommenden Jahre dauerhaft sukzessive aufzustocken und sichern". heißt es in der Mitteilung abschließend.
Tipps für Eltern
- Wandel: Noch bis vor einigen Jahren wurden Mütter laut Mitteilung nach der Geburt „multiprofessionell gut versorgt im Krankenhaus“ in Pflege und Betreuung der Säuglinge durch Hebammen eingewiesen und hatten somit die Möglichkeit, unter fachkundiger Begleitung in die neue Rolle und den neuen Lebensabschnitt hineinzuwachsen.
- Verlagerung: Dieser Lern- und Lehrprozess ist inzwischen weitgehend in den Bereich der ambulanten Hebammennachsorge verlagert.
- Frühe Kontaktaufnahme: Aktuell sollte bereits mit Feststellung einer Schwangerschaft unbedingt Kontakt zu einer Hebamme hergestellt werden.
- Geburtsvorbereitung: Werdende Eltern sollten motiviert werden, intensiver vorgeburtliche Angebote wie Geburtsvorbereitungskurse von Hebammen sowie der Elternschule am St. Barbara Krankenhaus in Schwandorf wahrzunehmen.
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