Großes Interesse an dem Streitthema Behördenfunkmast in Schwarzenfeld

Schwarzenfeld
09.06.2022 - 16:16 Uhr

Rund 100 Menschen, meist aus Traunricht, nutzen am Mittwoch die Gelegenheit, sich zum geplanten Funkmast auf dem Kulchberg informieren zu lassen. Die Befürworter auf dem Podium haben in der Diskussion keinen leichten Stand.

Dass es beim Digitalfunk in Schwarzenfeld hapert, hat die Polizei 2016 erstmals festgestellt. Sie stand damals am Tor des Schwarzenfelder Schlosses, innen tagte der CSU-Parteivorstand. „Wir können Funksprüche empfangen, aber keine absetzen,“ lautete die Klage, der nachgegangen werden musste. Von der prekären Situation und dem Versuch, die Funklage zu verbessern, berichtete nun Stefan Klein vom Landeskriminalamt bei einer Infoveranstaltung von Rathaus und Rettungsdiensten im Sportpark.

Dort hatten sich zahlreiche Traunrichter eingefunden, unter ihnen der Motor des Protests gegen die geplante BOS-Digitalfunkanlage der Behörden und Rettungsorganisationen auf dem Kulchberg über Traunricht, Franz Prey. Der pensionierte Finanzbeamte hatte vor zwei Wochen eine Kundgebung vor dem Schwarzenfelder Rathaus geleitet und den Widerstand gegen das Vorhaben artikuliert. Die Marktverwaltung antwortete mit einer Einladung zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung, die am Mittwoch dieser Woche über die Bühne ging und fast drei Stunden dauerte. Dabei wurde der Mobilfunkanbieter Telefonica schmerzlich vermisst, der den Behördenfunkmast für sein Mobilfunknetz mitnutzen will. Trotz Einladung ist niemand gekommen.

Drei BOS-Masten in der Umgebung

Das Wort hatten zunächst Andreas Kramer vom Rettungsdienst der Schwarzenfelder Johanniter, Christian Demleitner als oberster Feuerwehrmann im Landkreis Schwandorf und Marion Zenger von der Nabburger Polizeiinspektion. „Digitalfunk ist für uns enorm wichtig,“ machte Kramer deutlich. Für Demleitner muss das Ziel „ein gemeinsames Funknetz der Rettungsorganisationen sein, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten“. Sei das erreicht, könne man die zahlreichen Funkstandorte der bisherigen, analogen Netze der Retter „zurückbauen“. Auch Marion Zenger brach aus Sicht der Polizei eine Lanze für die bessere Digitalfunk-Versorgung von Schwarzenfeld.

Schwarzenfeld liegt, und das zeigte Stefan Klein vom Landeskriminalamt auf, in einem Digital-Funkloch. Drumherum sind alle Gemeinden gut versorgt, was an drei bestehenden Digitalfunkmasten liegt: einer im südlichen Stadtgebiet von Schwandorf, einer in Wolfring (Gemeinde Fensterbach) und einer in Wundsheim (Stadt Neunburg vorm Wald). Zusammen strahlen sie teilweise auch nach Schwarzenfeld herein und stören sich dort gegenseitig, wie Messungen ergeben haben. „Zellwechselverhalten im Einsatzraum“ nennt sich das, wenn in Schwarzenfeld entweder keinerlei Digitalfunk-Versorgung da ist oder Gespräche unterbrochen oder ganz abgebrochen werden.

Vier Standorte im Visier

Um die Funkmisere im Ortskern zu beseitigen, machte sich das Landeskriminalamt federführend auf die Suche nach Standorten für Masten. Vier mögliche Stellen wurden gefunden: auf einem „Hasit“-Silo an der Karl-Knab-Straße, auf dem Schlauchturm der Feuerwehr, auf dem alten Allkofer-Gelände Am Hammer - und auf dem Rathausdach. Letzterer war lange Favorit, bis der Marktrat im Juli vor einem Jahr seine Zusage vom Dezember 2019 wieder rückgängig machte.

Weil alle anderen Standorte einer kritischen Überprüfung nicht standgehalten haben und die Mobilfunkfirma Telefonica (betreibt das Mobilfunknetz O2) den geplanten BOS-Mast der Rettungskräfte mitnutzen wollte, fiel der Blick schließlich auf den Kulchberg bei Traunricht.

Der Standort neben der Waldstraße, auf einem Grundstück der Marktgemeinde, ist aus der Sicht der Planer optimal - er liegt so hoch, dass man von dort leicht das komplette Gebiet von Schwarzenfeld abdecken kann. Aus Sicht der Anwohner, von denen die näheste nur 109 Meter vom großen Funkmast entfernt wohnt, ist der Standort eine Katastrophe. In zahlreichen Redebeiträgen brachten sie ihre Bedenken vor: die Angst vor der Strahlung und ihren gesundheitlichen Auswirkungen, der optische Abscheu vor dem rund 50 Meter hohen Betonmasten im hochwertigen Wohngebiet, der Wertverlust der großen Immobilien wegen des geplanten Neubaus.

Geduldig versuchten Stefan Klein und Bürgermeister Peter Neumeier Argumente zu entwickeln, die die Ängste entkräften sollten, und überhörten dabei geflissentlich auch Beleidigungen, die in der Hitze des Wortgefechts fielen.

„Rede mit Telefonica“

Tatsache ist, dass die Bundesnetzagentur in einer sogenannten „Standortbescheinigung“ versichert, dass von dem Standort Kulchberg keine Strahlen-Gefahren ausgehen, wie Klein betonte. Da der Mast mit etwa einem Meter Durchmesser vergleichsweise dünn ist, kommt er optisch nicht zu wuchtig daher. Und was den Wertverlust anbelangt, brachte Neumeier einen Vergleich: „In München gibt es zahllose Funkmasten, dort müssten die Grundstücke ja dann kostenlos sein.“

Die Anwohner, die sich bei einer von Marktrat Hubert Piehler angeregten Probeabstimmung im Saal alle für die Ermöglichung des Behördenfunks ausgesprochen haben, wollen aber keine zusätzlichen Mobilfunkantennen auf dem Mast haben. „Ich rede deswegen mit Telefonica,“ versprach der Bürgermeister. Allerdings müsste man gewahr sein, dass der Konzern dann auf irgendeinem Wohnhausdach in Traunricht seinen eigenen Sendemast aufstellen wird. Und das könnte rein rechtlich niemand mehr verhindern.

In seiner nächsten Sitzung am 18. Juli will sich der Marktrat wieder mit dem Thema beschäftigen.

OnetzPlus
Schwarzenfeld16.05.2022
Hintergrund:

Der Funkmast und seine Gegner

  • Was:Ein neuer Sendemast für den "Blaulicht"-Funk (BOS-Funk) und Mobilfunk (Telefonica: O²) soll nördlich der Waldstraße in Traunricht entstehen.
  • Wer: Bauherr ist das bayerische Landeskriminalamt (LKA).
  • Wie: Angestoßen wird die Debatte um den hohen Masten durch Anwohner Mitte April 2022.
  • Wann: Am 23. Mai 2022 gibt es eine Kundgebung der Gegner vor dem Rathaus
 
 

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