Auch objektiv betrachtet ist Singapur ein Ort, der Kultur, Natur und Highlife so fabelhaft vermischt, dass er in keinem Reisetagebuch fehlen darf. Der Flughafen beherbergt eine Schmetterlingsfarm. Als Finanzzentrum thront die Stadt auf Platz vier des Global Financial Centres Index. Die Bar- und Kneipenszene lastet auch erfahrene Nachtschwärmer aus. Die Inter-Religious-Organisation regelt das Nebeneinander von über einem Dutzend Religionen, die allesamt in Singapur nicht nur gelebt werden, sondern auch anerkannt und vor allem akzeptiert sind. Denn ein so junger Stadtstaat, der schneller wächst als Riesenbambus, muss vor allem eines können: tolerieren.
Wahrscheinlich ist diese Toleranz auch der Grund dafür, dass sich so viele Besucher so wohl in Singapur fühlen und die Stadt zu einer der zehn meistbesuchten der Welt adeln. Tausende tummeln sich tagtäglich um das Wahrzeichen und den Schutzpatron Singapurs, den Merlion. Ein Fabelwesen, dessen Name sich aus den englischen Übersetzungen für seine Körperteile zusammensetzt. Der untere Teil ist der einer Meerjungfrau, also einer „Mermaid“. Der Kopf sieht aus wie der eines Löwen, eines „Lion“. Diese optische und sprachliche Löwe-Fisch-Kombination symbolisiert nicht nur Stärke, Furchtlosigkeit und zugleich die Verbundenheit mit dem Meer, sondern spielt auch auf die Legende der Stadtgründung an. Demnach standen sich Prinz Sang Nila Utama und ein Löwe im Dschungel Auge in Auge gegenüber, beide bereit zum Angriff. Doch der Prinz war überwältigt von der Anmut des Tieres und lies sein Schwert wieder sinken, woraufhin sich der Löwe umdrehte und davon trabte. Von da an nannte der Prinz die Insel „Singapur“, was sich aus den altindischen Wörtern Singha für „Löwe“ und Pura für „Stadt“ zusammensetzt. Dass es auf der Insel nie Löwen, sondern immer nur Tiger gab, haben die Geschichtenschreiber von damals unerwähnt gelassen.
Atemberaubender Blick über Financial District
Vom Merlion aus eröffnet sich auch der erste beeindruckende Blick auf Marina Bay Sands. Der Komplex ist überwältigend. Er besteht aus einem Einkaufszentrum, das nicht nur einen über einen Unterwassertunnel erreichbaren Louis-Vitton-Flagshipstore, sondern auch eine Eislauffläche und einen Kanal, auf dem Gondeln schippern, beherbergt. Auch ein Kunstzentrum, das getrost so genannt werden darf, ein Casino, das – zusammen mit dem Schwesterbetrieb auf der Vergnügungsinsel Sentosa – täglich mehr umsetzt als ganz Las Vegas und, natürlich, dieses eine Hotel, das aussieht, als läge ein Surfbrett auf drei Pfeilern im Meer, gehören dazu. Dieser ganze Komplex ist von unten schon recht nett anzuschauen, zeigt seine wahre Größe allerdings erst von oben. Von dort aus bietet sich ein wirklich atemberaubender Blick auf die Bucht und das Financial District der Stadt.
Der Weg auf das Surfbrett führt über die Aufzüge in Tower 3 (der Nördliche). Dort kann man entweder ein Ticket für den Skypark lösen oder man fährt in die Bar Cé La Vi oder zum Restaurant daneben. Freizeitkleidung ist – wie in den allermeisten Gastro-Betrieben in Singapur am Abend – in beiden ganz und gar nicht gerne gesehen. Die Bar kostet Eintritt, jedoch wird ein Verzehrgutschein in gleicher Höhe ausgestellt. Und: Die Bar ist noch ein bisschen höher als der Skypark. Der aber hat den Vorteil, dass man einen Rundumblick genießen kann und nicht nur auf die Stadt blickt, sondern auch auf Gardens by the Bay, eine Art Stadtpark. Mehrfach preisgekrönt, mit 16-stöckigen Supertrees, dem größten Innenwasserfall der Welt und Sky Shows am Abend. Die beste Zeit für einen Besuch dort oben ist in der „Blauen Stunde“ rund um den Sonnenuntergang. Durch die Nähe zum Äquator ist das übrigens das ganze Jahr über gegen 7 Uhr abends.
"Blaue Stunde" in Little India
Die „Blaue Stunde“ am morgen hingegen eignet sich perfekt, um Little India zu entdecken. Das bunte Treiben im Tekka Centre, das direkt an der MRT-Station „Little India“ ist, zieht einen an, wirbelt einen durch den zweistöckigen (Lebensmittel-) Markt und spuckt einen wieder aus – raus in noch mehr buntes Treiben. Souvenirshops, Goldläden, Obsthändler, Gewürzstände und Blumen. Überall Blumen. Die Inder, die sich in Little India angesiedelt haben, haben sich ihre Kultur bewahrt. Wer sich auf seinem Weg durch Little India ein Stück weiter ins Innere des Viertels locken lässt, stößt auch auf den Ort, für den die Blütenketten – zumindest teilweise – gebunden wurden: den Sri Veeramakaliamman Tempel. Tolerant wie der Stadtstaat ist, dürfen sich Touristen völlig frei in diesem hinduistischen Gotteshaus bewegen, solange sie es barfuß und mit Respekt tun. 45 Minuten zu Fuß oder drei MRT-Stationen weiter ist Chinatown. Ein zweites Viertel, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Neben einem Markt mit buntem Treiben wie aus dem Vorurteils-Katalog gibt es auch hier zwei spannende Tempel zu entdecken. Den Hindutempel Sri Mariamman und den Buddha Tooth Relic Tempel. Hunderte kleine und große Buddha-Statuen säumen die Wände des Baus, der eine Reliquie beherbergt, die für den linken Eckzahn Buddhas gehalten wird. Je nach Tageszeit kann es dort voll werden. Wer aber – anders als die meisten – den Weg auf die Dachterrasse wagt, findet sich in einer atemberaubend friedvollen grünen Oase wieder und kann einen Blick auf das Gebetsrad dort oben werfen.
Chinatown: Quantität statt Qualität
Chinatown bietet auch ein breites Angebot an Hawker-Zentren; halboffene, überdachte Gebäude, die mehrere Garküchen in sich vereinen. Aber Achtung: Chinatown überzeugt da eher durch Quantität statt Qualität. Alternativen gibt es genug. Je weiter man sich auf der Suche nach einem Hawker allerdings aus dem Stadtzentrum begibt, desto weniger zimperlich darf man sein. Im asiatischen Nationenvergleich gehören die Hawker-Centers in Singapur jedoch zu den am stärksten kon- trollierten. Nach einem standardisierten Bewertungsbogen wird jeder Anbieter bewertet und in Kategorien eingeteilt. Vom grünen A wie „alles tipptopp“ bis zum roten D wie „lieber nicht“. Die Buchstaben sind gut sichtbar am jeweiligen Stand angebracht. Weniger „echt“, dafür in der Regel aufgeräumter, sind die Indoor-Varianten in Einkaufszenten, genannt Food-Courts. Einer der bekanntesten Food-Courts tanzt ein bisschen aus der Reihe. Lau Pa Sat nämlich ist eigentlich ein Haw- ker, durch seine architektonische Besonderheit allerdings wird er gerne als Food-Court bezeichnet. So oder so verzaubert der achteckige Kolonialbau mit seinem Charme, seinem Wahnsinns-Angebot und seiner Lage. Denn Lau Pa Sat liegt im Financial District. Umringt von Dutzenden Wolkenkratzern, allesamt aufgrund der Flugsicherheitsbedingungen zwar nicht höher als 280 Meter, aber dennoch durch und durch beeindruckend. Der Weg zu Lau Pa Sat ist an der MRT-Station „Raffles Place“ ausgeschildert und führt weg vom Ufer. Ebenfalls von Raffles Place aus, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, gelangt man an den Boat Quay, einen Straßenzug entlang des Singapur Rivers, in dem sich ein Restaurant im klassischen Sinne ans andere reiht – die gibt’s nämlich in Singapur auch. Auf der anderen Seite des Flusses erstreckt sich die Vergnügungsmeile Clarke Quay. Dort werden Restaurants zu Bars, Kneipen und Discos - und die Nacht zum Tag.
Nicht verpassen: die Vergnügungsinsel Sentosa, mit ihrem reichhaltigen Freizeitangebot, den Singapore Zoo mit der Night Safari, den völlig zu Unrecht unterschätzten Jurong Bird Park, den wackeligen TreeTop Walk im MacRitchie-Reservoir, die Orchard Road, die wirkt wie ein eineinhalb Kilometer langes Einkaufszentrum, den Ausflug in die muslimische Welt rund um die Sultan Mosque oder die 360-Grad-Aussicht auf alle architektonischen Facetten der Stadt vom Wohnkomplex Pinnacle@ Duxton aus.Wer dann während seines – natürlich – viel zu kurzen Aufenthalts noch die Zeit findet, im legendären Billardzimmer des Raffles Hotel einen Singapore Sling zu ordern, hat das Beste aus dem Trip gemacht und kann entspannt und voller Eindrücke nach Hause fliegen. Doch vergesst nicht die wichtigste Sache: euer Herz.
Gut zu wissen
Die Durian und die Jackfrucht sehen sich ähnlich. Aber: Jackfrucht – hui; Durian – pfui. Die Durian, auch Stinkfrucht genannt, gilt bei Chinesen zwar als Delikatesse, kann aber Brechreiz auslösen und riecht sehr streng. In öffentlichen Verkehrsmitteln darf sie beispielsweise nicht transportiert werden. Viel besser: Chilli Crab. Eine Krabbe in einer süß-herzhaften Tomatensoße und dazu gedünstete Brötchen, genannt Mantou. Gibt‘s überall, wo‘s Fisch gibt.
Weder das Marina Bay Sands noch der Changi Airport sind in Stein gemeißelt, sondern auf Sand gebaut: Singapur hat sein Staatsgebiet durch Landgewinnung um über 20 Prozent erweitert. Bis 2030 sollen es 30 Prozent werden. Nicht schön, aber wahr: Es gibt die Todesstrafe in Singapur. Also ernsthaft Hände weg von allem, was illegal ist. Die dortige Judikative richtet nämlich nach dem Leitspruch „Im Zweifel gegen den Angeklagten“.
Die große Angst, in Singapur werde für jede Kleinigkeit ein Bußgeld erlassen, ist aber unbegründet. Dennoch sollte man sich an die Regeln der Gastgeber halten. Müll und Kaugummis gehören nicht auf den Boden, geraucht wird nur da, wo‘s erlaubt ist, nur bei Grün über die Ampel (auch wenn es in Little India von den Einheimischen anders gemacht wird), und so weiter – eigentlich nicht außergewöhnlich. Und keine Sorge: Über alle Verbote, die in unseren deutschen Köpfen nicht präsent sind, klären überall in der Stadt die entsprechenden Hinweisschilder unmissverständlich auf.
Im Zentrum dürfen sich Taxis nicht ranwinken lassen, sondern müssen den Taxistand anfahren. Im Zweifel ist die Schlange dort also tatsächlich der schnellste Weg, wegzukommen. Steht auf dem Taxi „on shift“, nimmt euch der Taxifahrer nur mit, wenn ihr da hin wollt, wo auch er hin will – nämlich in die Nähe seines Zuhauses.
In Singapur wohnen auf einer Fläche etwa so groß wie Hamburg mehr als dreimal so viele Menschen wie in der Hansestadt. Nämlich knapp sechs Millionen.
Und trotzdem ist Singapur die grünste Stadt Asiens – auf dem Weg, die grünste Stadt der Welt zu werden.
Es gibt in Singapur nur zwei Arten von Wetter: sonnig und heiß oder gewittrig-regnerisch und heiß. Tagsüber ist es meist rund 31 Grad warm bei einer Luftfeuchtigkeit zwischen 80 und 85 Prozent, nachts kühlt es auf minimal 24 Grad ab. Jahreszeiten gibt es durch die Nähe zum Äquator nicht.
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