Speichersdorf
09.10.2023 - 14:49 Uhr

Mit leisen Eulenschwingen zu den Kindern

Naturkundeunterricht für die Kleinsten. Der Habichtkauz Birke besucht den Kindergarten

Gespannt und mit großen Augen beobachteten die Kleinen der evangelischen Kindertagesstätte Birkenweg den Habichtskauz. Er saß auf dem Arm von Michaela Domeyer aus Kemnath. Zum ersten Mal besuchte der scheue und seltene Waldbewohner den Kindergarten. "Sie heißt ,Birke'. Ihr Gefieder ähnelt der Birkenrinde, trägt deshalb diesen Namen und passt zum Namen eures Kindergartens Birkenweg", stellte Domeyer ihren Schützling vor. Sie ist Mitarbeiterin des Vereins für Landschaftspflege, Artenschutz & Biodiversität mit Geschäftsstelle in Erbendorf und betreut das seit 2015 laufende Projekt zur Wiederansiedelung und Auswilderung des Habichtkauzes in Nordostbayern.

Die dreijährige "Birke" ist 60 Zentimeter lang, ein Kilogramm schwer und hat eine Flügelspannweite von bis zu 1,25 Meter. Sie wurde per Hand aufgezogen, lebt seit Anfang 2022 in der Oberpfalz und seit Mitte 2022 bei ihrer Kauz-Mama in einer großen Voliere. "Sie bellt fast wie ein Hund. Das ist ihre Reaktion auf die vielen Zuschauer und das Abstecken des Revieres", erläutert die Kauz-Mama und ausgebildete Falknerin. Habichtskäuze werden in Gefangenschaft bis zu 20, in freier Wildbahn rund 12 Jahre alt. Sie waren in Bayern ausgestorben und sind streng geschützt.

Domeyer holte eine kleine Brotzeitbüchse heraus und zeigte den Kindern "Birkes" Nahrung: Mäuse. Sie werden im Wald nachts im Flug gejagt. Die Kinder konnten eine Kauzschwinge und Federn eines im Straßenverkehr getöteten Tieres befühlen. Dabei erfuhren sie auch, wie scharf die Krallen sind. Streicheln oder Füttern konnten die Kinder zu ihrem Bedauern "Birke" nicht, da sie mit ihrem großen gelben Schnabel zwicken kann.

Neun Eulenarten in Deutschland

Die Oberflächenstruktur der Federn ermöglicht ein lautloses Angleiten der Beute. Der Habichtskauz greift seine Beute mit den kräftigen Krallenfüßen, tötet und frisst sie. Die unverdaulichen Reste, wie Haare, Knochenteile und Federn, werden als Gewölle ausgewürgt. Dieses dient auch als Nachweis der Kauzpopulation oder der neun in Deutschland vorkommenden Eulenarten im Wald. Habichtskäuze sehen rund sechsmal besser als der Mensch und können Laute der Beutetiere mit ihren in der Höhe versetzten und im Federkleid verborgenen Ohren zielgenau orten.

Domeyer erläuterte, dass Habichtskäuze monogam und ein Leben lang einander treu sind. Nach der Paarungszeit im Frühjahr werden zwei bis sechs Eier von der Käuzin bebrütet. Sie wird in dieser Zeit von ihrem Kauz in einer Baumhöhle oder einem Brutkasten mit Nahrung versorgt. Durchschnittlich werden zwei bis drei Jungeulen großgezogen. Sie verlassen ihr Nest die ersten vier Wochen nicht. "Birke" flatterte auf der Hand ihrer Halterin und zeigte damit den Kindern ihre beeindruckende Flügelspannweite. "Eulen wollen immer einen Sitzplatz ganz oben, um ihre Umgebung beobachten zu können." Ihre Augen seien nicht beweglich. Aber ihren Kopf könnten sie um 180 Grad zur Seite und ebenso nach oben und unten bewegen. Sie seien auch im Winter aktiv und müssten jagen. Einmal im Jahr wechsle die Eule ihr Gefieder und fresse sich über den Sommer eine Fettschicht an.

23 Vögel ausgewildert

Wie Domeyer gegenüber Oberpfalz-Medien berichtete, sind diesen Sommer 23 Tiere ausgewildert worden. Sie werden für ein halbes Jahr noch mit einem mit Mäusen, kleinen Ratten gedeckten Futtertisch unterstützt, falls sie nicht genügend Nahrung im Wald finden.

Kindergartenleiterin Doris Kraus-Vogler sagte zum Grund des Besuchs, dass es ein Anliegen sei, "Kindern die Natur unserer Heimat näherzubringen. Das Habichtskauz-Projekt gibt uns die Möglichkeit, eine seltene und vor allem kaum durch ihre Nachtaktivität zu beobachtende Tierart in freier Natur unter fachkundiger Erläuterung zu zeigen." Das gebe die Möglichkeit, den kindlichen Blick auf die heimische Tierwelt zu erweitern und Wissenswertes darüber zu erfahren. Zudem passe diese Vorstellung zum aktuellen Thema Herbst, bei dem auch der Winterschlaf bei Tieren eine Rolle spiele.

Hintergrund:

Habichtskauz-Projekt

  • Ziel: Wiederansiedelung des Habichtskauzes im nordostbayerischen und westböhmischen Grenzgebirge und Waldgebiet; Entwicklung einer überlebensfähigen Population und Vernetzung mit der im Südosten des Bayerischen Waldes.
  • Umsetzung: mit mehreren Kooperationspartnern und finanzielle Unterstützung durch die Heinz-Sielmann-Stiftung. .
  • Dauer: auf zehn Jahre ausgelegt
  • Leiterin: Forstdiplomingenieurin und Naturschutzfachkraft Michaela Domeyer
  • Bildungsauftrag: Blick auf seltene und sehr gefährdete Tierart Eulen bei Kindern und Jugendlichen schärfen; mittels Natur- und Waldpädagogik über Tierart und allgemein die Natur aufklären
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.