Speichersdorf
11.11.2018 - 14:43 Uhr

Der „Untote“ und der sächsische Heiko

Im Plappern macht ihm so schnell keiner was vor. Da könnte er glatt als fränkische Maschinenpistole durchgehen. Aber Michl Müller hatte in Speichersdorf ja auch viel zu sagen.

Michl Müller begeistert am Samstagabend rund 1000 Besucher in der Sportarena Speichersdorf Bild: stg
Michl Müller begeistert am Samstagabend rund 1000 Besucher in der Sportarena Speichersdorf

Er hatte etwas vom berühmten Duracell-Hasen: Während der ohne Pause trommelt, verlegte sich Michl Müller lieber aus Reden. Und er redete und redete und redete. Ohne Punkt und Komma, gut zweieinhalb Stunden lang. Michl Müller hatte am Samstagabend auf Einladung der Bürgerstiftung Lebensfreude in der Sportarena sehr viel zu erzählen, rund 1000 Besucher waren zum Auftritt des unterfränkischen Plauderers mit seinem aktuellen Programm "Müller ... nicht Shakespeare!" gekommen.

Bei seinem Auftritt in der Sportarena forderte er sich und dem Publikum in gewohnter Weise wieder jede Menge ab: Sitzfleisch, schallendes Lachen, Mitsingen und donnernde Applaus-Salven. Während nach 90 Minuten so mancher Berufskollege die Schlussrunde auf der Bühne einlegt, machte Müller erst einmal Pause - um dann nochmals eine gute Stunde weiterzumachen. Bei seinem Pointen-Marathon durch Skandale, Schlagzeilen und Ereignisse ließ Müller nichts und niemanden aus - auch die Politiker wurden nicht geschont und bekamen ihr Fett ab. So habe man bei der Halloween-Party im Konrad Adenauer-Haus aus dem Keller den "Untoten" Friedrich Merz wieder herausgeholt, der sich jetzt da mit Jens Spahn, der "Nachtschwester der CDU", und Annegret Kramp-Karrenbauer, dem "saarländischen Frottee-Handtuch", duelliere.

Das 9,7-Prozent-Debakel der bayerischen SPD verglich er mit dem Ziel einer Jagd: "Da würde man das Gewehr nochmal rausholen und nachschießen." Bei Hubert Aiwanger habe er immer vor Augen, dass er wie ein läufiger Hund am Hosenbein Söders hänge. In Bayern gebe es jetzt eine schwarz-orange Regierung, "ein Bündnis aus Totengräber und Müllabfuhr". Spitzen hatte Müller auch für die Bundeskanzlerin und Horst Seehofer parat. Wobei er einräumte, dass Merkel normal erscheine zwischen der "Sultanine vom Bosporus" (Erdogan) und dem "Notgeilen mit dem toten Fiffi am Kopf" (Trump).

Liebe, Glück und Unsterblichkeit - das waren die Themen, denen Müller nachspürte. Und von dort aus war es nicht mehr weit zu "Romeo und Julia", ein Stück in bester Rosamunde-Pilcher-Manier und William Shakespeare. Der gab sich selbst die Ehre in Speichersdorf - als plappernder Totenschädel mit sächsischem Einschlag. Er klärte über grundlegende Missverständnisse auf: Erstens sei er kein Angelsachse, sondern ein Sachse, der beim Angeln war, nicht er habe die ganzen Werke geschrieben, sondern sein Bruder Heiko.

Müller unternahm mit dem Publikum furiose Reisen nach Verona, wo sich das Drama abspielte, dann ging es weiter zur logischen Fortsetzung davon - Helene Fischer und Florian Silbereisen. Da blieb es dann nicht aus, ein "Lied im Stil von Helene Fischer" zu interpretieren - inklusive der melodramatischen Choreographie Fischers, die stark an die einer Flugbegleiterin erinnerte. Und so sinnierte sich Müller gelungen durch den Abend, wenn er vom Kampf zwischen Frau und Heißklebepistole berichtete, wenn er das eigene "Nivea-Syndrom" aufarbeitete, wenn er sich über die Mitarbeiter in Baumärkten lustig machte und sich die Eigenheiten von Männern und Frauen herausgriff.

Natürlich durften auch Schlüpfrigkeiten nicht fehlen - vor allem die Geschichte von der sauberen Unterhose zog sich durchs Programm. Müllers Ritt durch seine Sicht der Dinge geriet zur Reise unter dem Motto "Vom Hundertsten ins Tausendste" - und das gänzlich ohne Längen im Programm. Verabschiedet hat sich Müller mit einem gelungenen Medley seiner bekanntesten Lieder - unter anderem "Ingwerreibe", "Heringsdösle", "Vollwärmeschutz der Liebe " und natürlich "Fleischereifachverkäuferin".

Michl Müller begeistert am Samstagabend rund 1000 Besucher in der Sportarena Speichersdorf Bild: stg
Michl Müller begeistert am Samstagabend rund 1000 Besucher in der Sportarena Speichersdorf
Michl Müller begeistert am Samstagabend rund 1000 Besucher in der Sportarena Speichersdorf Bild: stg
Michl Müller begeistert am Samstagabend rund 1000 Besucher in der Sportarena Speichersdorf
 
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