Im Klosterdorf spielte am Mittwochabend die Musik der Zukunft, dargeboten vom Nachwuchs aus aller Welt. Zur Plattform des Festivals junger Künstler gehört auch die Bühne in der Prämonstratenserabtei. Miteinander in Dialog treten, Leistungsgrenzen ausloten, Schlüsselmomente der Kreativität und Leidenschaft erfahren: Diese Mission wird alljährlich auch im Kloster deutlich. Für Festivalleiterin Sissy Thammer ist dies ein hoher Anspruch: „Wir bauen Brücken und verbinden Menschen“, betonte der Ehrengast zum Auftakt des Speinsharter Konzertsommers.
Dieses völkerverbindende Ziel prägt seit eh und je auch die Konzertreihe in Speinshart. Eng verbunden mit der Internationalen Begegnungsstätte Kloster Speinshart, fördert die Festivalchefin die Momente einer wunderbaren menschlichen, liebevollen und musikalischen Gemeinschaft: „Diese Beobachtungen geben mir in diesen Tagen besondere Kraft.“
Speinshart also ein Kraftort für junge Akteure und Publikum gleichermaßen? Schon der Titel des Konzerts verriet Überirdisches: „Paradies“, hieß es da. Jedenfalls löste das Ensemble "Enigma Classica" ein Rätsel auf. Das Orchester mit der hochtalentierten 25-jährigen Dirigentin Anna Handler erschloss sich in der unter Hygienebedingungen vollbesetzten Klosterkirche einem breiten Publikum.
Und: Anna Handler erwählte sich für ihr Ensemble junge Musiker mit einem Durchschnittsalter von Mitte 20, alle Preisträger internationaler Wettbewerbe, die zu den besten Musik-Studierenden in Deutschland gehören. „Aufbruch zu neuen Zielen, in eine neue Zeit, in eine veränderte Zukunft“, wie Anna Handler – gefördert von Oksana Lyniv, der derzeit gefeierten Dirigentin bei der Wagner-Festspielen – feststellte.
Des Rätsels Lösung führte in Speinshart auch zu einem köstlichen Programm bekannter Kompositionen der Klassik, die das Ensemble mit Energie und Leidenschaft interpretierte. Dazu zählte zu Beginn "Notturno" aus der Musik zu Shakespeares Sommernachtstraum von Felix Mendelssohn Bartholdy. Bunte „Missionen“ mit Verbindungen zwischen den Werken großer Komponisten folgten.
Besonders mitreißend die Soloparts von Jonathan Groß in Gioachino Rossinis „Introduktion mit Variationen für Klarinette und Orchester“ und Eloi Huscenots „Ah se in ciel, benigne stelle“, einer Konzertarie von Wolfgang Amadeus Mozart. Draufgängerisch und schließlich fast atemlos meisterten die Solisten dieses Feuerwerk an halsbrecherischen Sprüngen.
Bewegend zudem das Konzert für zwei Violinen und Streicher von Johann Sebastian Bach. Als würde sie die Klänge aus ihren Händen heraus erschaffen, führte Anna Handler die Musik von Bach in eine Welt der Sprache ohne Wörter, die nur Musiker verstehen. Diese endete mit dem strahlend barocken Concerto grosso „Dumbarton Oakes“ von Igor Stravinsky. Das berauschende Hörerlebnis fand ein dankbares Publikum. Eine Zugabe musste sein.
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