Der wahrscheinlich um 1900 in der Fränkischen Schweiz entstandene Brauch des Osterbrunnens ist seit rund 40 Jahren auch in anderen Landesteilen Deutschlands verbreitet. Damit soll die Bedeutung des Wassers, das früher oft knapp war, unterstrichen werden. Auch in Steinberg schmückt man den Dorfbrunnen seit längerer Zeit mit einer Osterkrone.
Die Idee und Umsetzung stammt von der Frauen Union, die jedes Jahr den Schmuck übernahm. Nach deren Auflösung kümmert sich der gemeindliche Bauhof um die Fortsetzung dieser Tradition. Der Dorfbrunnen - oder auch BBI-Brunnen genannt, weil das Unternehmen den vom Künstler Hans Mayer geschaffenen Brunnen stiftete - wurde im Rahmen der Dorfsanierung wieder restauriert. Was aber auch wenig Einheimische wissen: Der jetzige Brunnen steht nicht unweit des früheren Dorfbrunnens. Neben den privaten Brunnen, die oft auch mehrere Anwesen gemeinsam hatten, waren diese Dorfbrunnen für alle zugänglich.
In Steinberg erlangte dieser Brunnen "traurige Berühmtheit", wie Orts- und Kreisheimatpfleger Jakob Scharf bei seinen Recherchen für die Ortschronik herausfand. Der Wackersdorfer Pfarrer Igl schrieb 1876 an das Königliche Bezirksamt Burglengenfeld, dass in Steinberg in kurzer Zeit vier Personen an Typhus starben und er eine Epidemie befürchte, zumal derzeit mehrere Erwachsene und ungefähr zehn Kinder der Werktagsschule krank seien. Daraufhin schloss man für einen Monat die Schule. In diesem Jahr 1876 starben allein vierzehn Kinder zwischen einem und elf Jahren. Daraufhin schickte man den Bezirksarzt nach Steinberg, um die Ursachen der ungewöhnlich hohen Todesfälle zu untersuchen. Dieser beschrieb zunächst die Wohnverhältnisse im dritten Quartal des 19.Jahrhunderts als überfüllt und "höchst unreinlich", da die Wohnräume teilweise als Hühner- ,Gänse- oder Schweinestall genutzt wurden, was damals auf dem Lande nicht unüblich war. Die Wege und Plätze waren mit viel Grundwasser und an der Oberfläche mit Odel, Dünger, Schmutz und Schlamm gesättigt, weshalb das Trinkwasser wahrscheinlich auch verunreinigt war.
Aber das - so der Bezirksarzt - sei in den anderen Gemeinden ähnlich. Aber allgemein würden die Erkrankungen milde verlaufen, und "nach einigem Herumzäpfen" gesunde man wieder. In Steinberg, wo der Bader für die "medizinische Versorgung" zuständig und zugleich Totenbeschauer war, sei dies aber offensichtlich anders. Aber bald fand der Arzt eine plausible Erklärung.
Der (alte) Friedhof lag in der Mitte zwischen Weiher und Dorf (jetzt teilweise Erweiterung neuer Friedhof). Dieser "Kirchenweiher" lag höher als die Ortsmitte. Unter dem Druck der Wassermassen dieses Weihers gelangte stehendes Grundwasser teilweise in den Dorfbrunnen, nachdem es vorher durch den Friedhof gesickert war und "dessen Erde und Inhalt ausgelaugt hat". In seiner Beweisführung erläuterte der Bezirksarzt noch, dass die ersten Erkrankungen in einer geraden Linie Weiher-Friedhof-Häuser auftraten. Außerdem trat diese lokale Epidemie in Steinberg immer im Winter auf, so dass verdorbene Lebensmittel oder schlechte Durchlüftung als Ursache ausschieden. Sobald aber der Sommer kam und die Menschen meist im Freien waren und anderes Wasser als aus dem Dorfbrunnen tranken, gab es keine Erkrankungen mehr. Auch im höher gelegen Ortsteil "Stockerau" trat Typhus nicht auf. Der Mediziner riet deshalb den Steinbergern den Friedhof zu verlegen. Dies wollten diese aber nicht und so fasste man den Beschluss, "lieber diesen besagten Gemeindebrunnen einzuebnen und anderswo einen neuen zu graben". Inzwischen können die Steinberger mit Stolz auf zwei Brunnen verwiesen, denn am Rathausplatz zeigt der Historische Brunnen mit vier Figuren die vier geschichtlichen Epochen Hofmark, Granitabbau in den Steinbrüchen, Braunkohleabbau sowie Rekultivierung und Wandel von der Industrie- zur Tourismusgemeinde auf.
Nur wenige wissen, dass dieser Osterbrunnen in seinem "Vorgänger" und dessen Beseitigung auf eine makabere Historie hinweist.
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