Sulzbach-Rosenberg
23.10.2018 - 16:53 Uhr

100 Jahre SPD-Ortsverein Sulzbach-Rosenberg: Erst das Rathaus besetzt

Keine andere Partei in Deutschland hat eine solch lange Tradition wie die SPD. Sozialdemokraten verstehen sich deshalb als Anker gelebter Demokratie. Vor 100 Jahren gründen sieben Männer einen Ortsverein. Seitdem ist er in den Mauern der Herzogstadt essenzieller Teil der Geschichte.

Als Regierender Bürgermeister von West-Berlin kommt Willy Brandt (im offenen Wagen) am 4. August 1961 auch nach Sulzbach-Rosenberg. Er ist damals schon der große Hoffnungsträger der SPD und kann die Massen begeistern. Bild: Stadtarchiv
Als Regierender Bürgermeister von West-Berlin kommt Willy Brandt (im offenen Wagen) am 4. August 1961 auch nach Sulzbach-Rosenberg. Er ist damals schon der große Hoffnungsträger der SPD und kann die Massen begeistern.

Es waren turbulente Tage am Ende des Ersten Weltkriegs, der Kaiser dankte ab, eine klare Regierungsform nicht mehr gegeben. Ausgehend von Kieler Matrosen erfasste die Revolution weitere Großstädte und mitunter auch das flache Land. "Am 9. November 1918 bildete sich in Sulzbach ein Arbeiter- und Soldatenrat, mit dem Ziel, die Geschicke in die Hand zu nehmen. Er besetzte um 17 Uhr das Rathaus und alle Ämter. Als äußeres Zeichen hisste er am Rathaus die rote Fahne der Revolution", weiß die Chronik der örtlichen SPD. Schließlich sei es dann der aus Nürnberg stammende Mühlenbau-Ingenieur Ludwig Wiesel gewesen, auf dessen Betreiben am 10. November 1918 im Gasthof Zur Sonne, der SPD-Ortsverein ins Leben gerufen wurde.

Viele weitere solcher Details der kommunalen sozialdemokratischen Arbeit wird eine Ausstellung über die Geschichte des Ortsvereins zeigen, die am Samstag, 27. Oktober, um 10.30 Uhr im Schalterraum der Sparkasse eröffnet wird. Der eigentliche Festabend zum "Runden" steigt dann am Samstag, 10. November, um 18.30 Uhr im Capitol mit Ehrungen und einer Laudatio von Uli Grötsch. Beim Rückblick auf die lange Tradition der SPD am Ort gibt Ortsvereinsvorsitzender Achim Bender im Pressegespräch an, dass es die Sozialdemokraten waren, die bereits in der kurzen Zeit zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik das Wahlrecht für Frauen und der Acht-Stunden-Tag umsetzten.

Verbot im Jahr 1933

"Die junge Demokratie von Weimar konnte dem Terror von links und rechts nicht allzu lange standhalten. Schließlich folgte die Machtergreifung der Nazis. Die Sozialdemokraten stimmten 1933 als einzige unter den Abgeordneten gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz. Ab 22. Juni 1933 wurde die SPD im Deutschen Reich verboten. Für die Mitglieder blieben nur Exil oder Untergrund", fasst Bender aus der Chronik zusammen.

Ende des Jahres 1945 habe die US-Militärregierung die ersten Parteien zugelassen, unter ihnen die SPD. Motor sei damals Johann Zintel gewesen mit Sohn Ernst, dem späteren 3. Bürgermeister. Dokumentiert sei von den Nachkriegsjahren bis ins frühe 21. Jahrhundert auch der Kampf um die Arbeitsplätze in der Maxhütte, bei der die Sozialdemokraten über die Gewerkschaften und Betriebsräte immer an vorderster Front gestanden hätten. "Das Engagement für den Stahlstandort spiegelte sich auch immer wieder bei den Stadtratsmitgliedern wider. Nach dem Konkurs und dem endgültigen Ende der MH im Jahr 2002 wurde unter Bürgermeister Gerd Geismann die Umstrukturierung von der Monostruktur zur Branchenvielfalt gemeistert", ergänzte der Ortsvereinsvorsitzende.

Seit 54 Jahren stelle die SPD in der Herzogstadt den 1. Bürgermeister: Von 1964 bis 1988 Hans Göth, von 1988 bis 2012 stand Gerd Geismann an der Spitze und nun präge Michael Göth als Rathauschef die kommunale sozialdemokratische Arbeit in der Herzogstadt.

Ludwig Wiesel gilt als Gründer des Sulzbacher SPD-Ortsvereins. Bild: Stadtarchiv
Ludwig Wiesel gilt als Gründer des Sulzbacher SPD-Ortsvereins.
Aus der Zeit der Revolution kündet diese seltene Postkarte davon, das Sulzbach 1919 eine Republik war (rechts das Konterfei August Bebels). Bild: Stadtarchiv
Aus der Zeit der Revolution kündet diese seltene Postkarte davon, das Sulzbach 1919 eine Republik war (rechts das Konterfei August Bebels).
Info:

Die Gründungsmitglieder kamen 1918 vorwiegend aus der Arbeiterschaft: Max Wurm, Schlosser; Hans Fuchs, Lokführer; Johann Zintel, Dreher; Wilhelm Sträubig, Filzmacher; Georg Gschrei, Brauer; Hans-Georg Pickel, Maschinist und Josef Royer, Dreher. Bereits vier Wochen nach seiner Gründung zählte der Ortsverein 300, am 3. Januar 1919 schon über 1000 Mitglieder.

 
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