"Geschichte im Pflasterzollhaus", so heißt die neue Reihe, die Stiber-Chefin Tanja Weiß im gefüllten Stüberl vorstellte. Der neue Sulzbach-Rosenberger Stadtarchivar Jörg Fischer hatte sich für den Vortrag über Graf Berengar und seine Zeit zur Verfügung gestellt und freute sich „sakrisch“ über den Besuch. In lockerer und verständlicher Sprache brachte er dem Publikum die bewusste Zeit näher.
So stellte sich die Ausgangslage dar: Kaiser Heinrich II. gewann im Hochmittelalter die "Schweinfurter Fehde", einen durch nicht gehaltene Wahlversprechen ausgelösten Aufstand, und gründete das Bistum Bamberg. Sein Nachfolger, Kaiser Konrad II., übertrug am 1038 Eberhard I., Bischof von Bamberg, die Rechte unter anderem über Amberg. Die Macht verschob sich nach dem Tode Heinrichs II., "kleinere" Fürsten und Grafen bauten ihren Einfluss aus und wurden zu einer wichtigen Fraktion, die dem Kaiser Widerstand leisten konnte.
Ein minderjähriger Kaiser
Als Konrad II. starb, folgten ihm Heinrich III. und Heinrich IV., der 1056 das Amt mit nur sechs Jahren erbte. 1057 wurde mit Stephan IX. ein kaiserkritischer Papst gewählt, starb jedoch schon 1058. Ihm folgte Nikolaus II., ein weiterer Kaisergegner und Befürworter der Unabhängigkeit der Kirche. Er verkündete 1059 eine Neuordnung der Papstwahl, die besagte, "dass kein Geistlicher von einem Laien eine Kirche erhalten solle" (Investitur). Er lehnte den Kaiser als Schutzmacht ab und ließ sich von italienischen Fürsten schützen. So verlor der Kaiser den wichtigen Titel als "Beschützer der Kirche". Der minderjährige Kaiser und das Verhalten des Papstes schwächten Heinrichs Position im Reich weiter.
Heinrich IV. schuf aber trotzdem bis 1076 Stabilität im Reich, der Streit mit dem Papst eskalierte jedoch auf dem Wormser Reichstag 1076, und der Kaiser wurde exkommuniziert. Heinrich IV. trat seinen berühmten Canossa-Gang an, um den Papst um Vergebung zu bitten. Der Streit wurde zwar schlussendlich beigelegt, aber das Ansehen des Kaisers im Reich war dauerhaft geschädigt. "Und Heinrichs interne Macht bröckelte weiter, sein Sohn stellte sich auf die Seite der Reformisten", schilderte Jörg Fischer. Heinrich musste Ende 1105 abdanken und das Amt an seinen Sohn Heinrich V. übergeben, der seine Macht konsolidierte und den Investiturstreit schließlich beendete.
Fehde verhilft zum Aufstieg
Hier kam nun Berengar ins Spiel, der Sohn von Graf Gebhard II.: Seine Familie stieg als Folge der „Schweinfurter Fehde“ auf, die Mitglieder verwalteten neue Gebiete des Bistums Bamberg als Vögte, vor allem Sulzbach und Umgebung. "Sie hatten de facto grafengleiche Rechte und wurden als solche bezeichnet, waren aber de jure nur Vögte", stellte Fischer zu diesen Anfängen fest. "1007 war dort ein Berengar als De-facto-Graf nachweisbar, vermutlich ein Vorfahre ‚unseres‘ Berengars.“ Die Familie konnte als „Grafen“ nun Adelige um sich scharen und Macht aufbauen, sie bekam Land in Obermurach, Floß und Parkstein vom Kaiser geschenkt und baute Burgen dort.
Der Sulzbacher Berengar ließ sich schon vor Heinrichs IV. Niedergang am kaiserlichen Hof nachweisen, er stand gegen den Kaiser auf der Seite der Reformbewegung und war vermutlich maßgeblich am Sturz Heinrich IV. beteiligt. Folgerichtig stieg er auf zum Berater von dessen Nachfolger Heinrich V. "Berengar ist der einzige Graf, dessen Unterschrift in der Wormser Übereinkunft 1122 auftaucht, die den Investiturstreit beendet hat. Er hatte vermutlich maßgeblichen Einfluss auf die Verhandlungen", bilanzierte Jörg Fischer am Ende des kurzweiligen Vortrages.
Im Abschlussgespräch stellte sich heraus, dass Berengar wohl unglaublich fleißig gewesen war, erfolgreich in der internationalen Politik - ein erfolgreicher Mann und kluger Taktiker, der leider bisher in der Heimatgeschichte viel zu wenig gewürdigt worden sei, meinte Tanja Weiß unter Zustimmung der Gäste. Sie kündigte für 2025 ein "Berengar-Jahr" an zum 900. Todestag des Grafen, in dem sein Wirken ausführlich beleuchtet werden soll.
Die nächsten Vorträge im Pflasterzollhaus
- 21. Februar: "Die Entwicklung der Grafschaft und Stadt Sulzbach unter den Grafen von Sulzbach und ihren Herrschaftsnachfolgern" mit Daniel Butz
- 6. März: "Das Weib sei dem Manne untertan ... Frauenleben im Mittelalter" mit Tanja Weiß
- 13. März: "Lebensader Vils" mit Tanja Siegler
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