Die Woche der Demenz 2023 hätte keinen besseren Abschluss finden können als den Abend mit Sarah Straub (36) im Seidel-Saal. Die promovierte Diplom-Psychologin behandelt Demenzpatienten am Universitätsklinikum Ulm und spricht von ihrer Arbeit und ihren persönlichen Erfahrungen mit dieser Krankheit. Sie kennt die begründete Angst vor Demenz, macht aber auch Mut. „Dass Sie hier sind“, sagt sie zu ihrem Publikum im voll besetzten Seidel-Saal, „zeigt, dass Sie offen sind, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen“.
Sarah Straub wollte eigentlich Musikerin werden, sah ihr Psychologie-Studium eher als Plan B, doch dann erkrankte ihre geliebte Oma an Demenz. Sie übernahm deren Pflege, war unwissend, hilflos, überfordert. Nach ihrem Tod entschied sich Sarah für beides: die Wissenschaft und die Musik. Heute arbeitet sie an der Uni Ulm mit ihren Patienten und deren Angehörigen, zeigt Alternativen und Hilfsangebote auf, macht deutlich: "Demenz-Patienten sind trotz mancher Einschränkung immer noch ganz normale Menschen, die man nicht allein lassen darf“.
Die Informationen, die sich Sarah Straub gewünscht hätte, als ihre Großmutter unter der Krankheit litt, waren der Anlass für ihr Buch „Wie meine Großmutter ihr Ich verlor“, das sie im Seidel-Saal vorstellte. Sie zeigt darin mit vielen Beispielen, was es bedeutet, wenn aus Vergesslichkeit Demenz wird, welche Aufgaben aber auch Hilfsmöglichkeiten mit dieser Diagnose verbunden sind und wie der Lebensalltag mit einem Demenz-Erkrankten geregelt werden kann. Der Titel, von ihrem Freund Konstantin Wecker ausgesucht, sei poetisch zu verstehen, erklärte sie, „denn auch ein Demenz-Patient ist immer noch er selbst“. Angehörigen rät sie, den Mut und die Offenheit aufzubringen, den betroffenen Menschen neu kennenzulernen. Auch wenn er anders sei durch die Krankheit sei er liebenswert und könne ein lebenswertes Leben haben.
Buch mit Rezepten
Mit ihrem und einem weiteren Buch mit Kochrezepten für Menschen mit Demenz will Sarah Straub das Thema aus der Tabu-Zone bringen. Das gleiche gelingt ihr mit ihren in Deutsch gesungenen Liedern. Davon dass die Musik eine große Rolle spielt in ihrem Leben, sprechen über 150 Konzerte in Deutschland, Österreich und Italien in den vergangenen Jahren. Sie hatte einen Auftritt im Bayerischen Fernsehen, veröffentlichte Alben und gab Konzerte zusammen mit Konstantin Wecker. Sie thematisiert das Thema Demenz offen auf der Bühne, kann, wie im Seidel-Saal, mit Stimme und Klavier nachdenklich machen und große Gefühle auslösen.
Die Veranstalter dieses Abends – Buchhändler Ralf Volkert, Volkshochschule Amberg-Sulzbach und SEGA – dankten Sarah Straub für einen interessanten und informativen Abend. Dr. med. Klaus Gebel, Vorsitzende des Vereins zur Förderung der seelischen Gesundheit, SEGA, forderte in einem scharfen Statement die Politik auf, mehr Geld für das Gesundheitswesen bereitzustellen. Den überraschenden Abschluss bildete ein Geschenk der SEGA-Mitarbeiterinnen Heidi Himmelhuber und Sonja Oleson: Ab sofort ist Sarah Straub Blumenpatin der Stiftung Unternehmen Wald. Für ein Jahr gehören ihr drei Quadratmeter einer Wiese in Hamburg.
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