Sulzbach-Rosenberg
19.07.2020 - 16:30 Uhr

Mit der Berufsfachschule rasant und erfolgreich durchgestartet

Seit ihrem ersten Tag im Jahr 1984 kennt die Berufsfachschule für Musik Sulzbach-Rosenberg keinen anderen Schulleiter als Benedikt Boßle. Jetzt aber müssen sich die Wege trennen: Der Gründungsdirektor verabschiedet sich in den Ruhestand.

Probespiel unter Corona-tauglichen Bedingungen: Der scheidende BFSM-Direktor Benedikt Boßle an der neuen Truhenorgel. Bild: Privat
Probespiel unter Corona-tauglichen Bedingungen: Der scheidende BFSM-Direktor Benedikt Boßle an der neuen Truhenorgel.

Corona-Misstöne haben sich in den Ausklang seiner langen Dienstzeit gemischt, die Abschiedsstimmung wächst und doch bleibt Benedikt Boßle pragmatisch. Mit Elan arbeitet er auch in den letzten Wochen daran, das zukunftsorientierte Haus mit Wohlfühlfaktor und gelebter Musik-Leidenschaft für die neue Ära zu rüsten. Dass der Funke der Begeisterung auch weiterhin überspringt, zählt zu den Wünschen, die er im schriftlich geführten Interview verraten hat:

ONETZ: Herr Boßle, vor fast vier Jahrzehnten haben Sie die Berufsfachschule für Musik des Bezirks Oberpfalz (BFSM) mit aus der Taufe gehoben und waren seither ihr Direktor. Wie schwer ist es Ihnen nun so kurz vor dem endgültigen Abschied ums Herz?

Benedikt Boßle: Ich wollte immer bis zum letzten Tag arbeiten, hab eigentlich nie daran gedacht, meine Dienstzeit so langsam auslaufen zu lassen und meinen Abschied großartig zu zelebrieren. Nun hat aber die Corona-Pandemie die Situation insofern verändert, als sie ein großes Gefühl der Unsicherheit schafft und den ganzen organisatorischen Einsatz erfordert. Trotz aller Anspannung geht es nun langsam dem Abschied entgegen. Das wird mir umso mehr bewusst, je intensiver die Vorbereitungen für das neue Schuljahr zu treffen sind. Ein Jahr zu planen, für das man selbst nicht mehr verantwortlich ist, macht schon recht wehmütig, zumal sich bei den derzeit laufenden Eignungsprüfungen ein hoher Zuspruch von sehr guten Schülerinnen und Schülern für das neue Schuljahr abzeichnet und die Aufnahmekapazität mehr als ausgeschöpft sein wird.

ONETZ: Ausgerechnet in den letzten Dienstwochen haben Corona und die Folgen alles auf den Kopf gestellt. Hatten Sie da nicht manchmal große Lust, alles einfach schon ein bisschen früher „hinzuwerfen“?

Corona hat wirklich alles durcheinandergebracht. Ich hatte aber nie den Gedanken, alles liegen zu lassen und vorzeitig die Verantwortung in andere Hände zu geben. Im Gegenteil: Wenn man eine Schule aufgebaut hat, hat man ein besonders vitales Interesse daran, sie gerade durch schwierige Zeiten zu begleiten, verfügt man doch über einen reichen Erfahrungsschatz in Verwaltung und Unterrichtsorganisation, der einem zu Gute kommt, wenngleich die Situation für uns alle eine völlig neue war und ist. Aber der Teamgeist, der unser Kollegium auszeichnet, hat uns innerhalb kurzer Zeit einen Umstieg auf neue, bisher ungewohnte Methoden des „Onlineunterrichts“ ermöglicht. Auch war es mir ein Anliegen, die in meinem letzten Schuljahr in Gang gekommene Digitalisierung für unsere Schule kräftig mit anzuschieben. Ich arbeite gerne und das auch mit vollem Einsatz bis zum letzten Schultag. Aufpassen muss man natürlich schon, dass man nicht „mit Vollgas in die Garage fährt“.

ONETZ: Wie sieht aktuell der Unterrichtsbetrieb aus? Findet alles wie gewohnt vor Ort statt oder ist auch hier nach wie vor Online-Unterricht ein Teil der Problemlösung?

Wir bieten für die Schülerinnen und Schüler der beiden Klassen abwechselnd Einzelunterricht in der Schule an. Die im praktischen Musikunterricht erheblich gesteigerten Hygiene- und Abstandsregeln bringen uns räumlich an Grenzen. Chor- und Ensembleunterricht entfällt gänzlich, Theorieunterricht läuft größtenteils über „Lernen zuhause“. Lediglich prüfungsrelevante Theoriefächer erfahren einen ein- bis zweiwöchigen Präsenzunterricht in den zulässigen Kleingruppen. Da Chorleitung für alle unsere Schülerinnen und Schüler ein Hauptfach ist, wird der Unterricht in Hinblick auf die verbindliche Abschlussprüfung als Einzelunterricht angeboten. Die Prüfung selbst findet in Dialogform statt. Für alle ist es also eine absolut neue Situation.

ONETZ: Einige Ihrer SchülerInnen absolvieren ja nur eine einjährige Ausbildung. Wie kann gerade in solchen Fällen der wochenlange Unterrichts- und Auftrittsausfall kompensiert werden?

Für die kleine Gruppe des Künstlerischen Aufbaujahres, die in einer Art Kompaktjahr die ansonsten 2-jährige Ausbildung in einem Schuljahr absolviert, ist es nicht einfach. Für sie wäre das zweite Schulhalbjahr sozusagen die Zielgerade für eine erfolgreiche Aufnahmeprüfung an einer Hochschule für Musik gewesen. Sie haben die Zeit gut gemeistert, denn gerade die Zeit des „auf sich allein gestellt Seins“ hat durchaus der Stärkung der Eigenverantwortung gut getan. So haben doch manche Studierende auf der Grundlage des Online-Unterrichts spürbare Fortschritte gemacht.

ONETZ: Wenn wir Corona mal beiseite lassen – woran werden Sie sich immer zurückerinnern, gerne oder auch mit Schrecken?

Die anfängliche Skepsis dem neuen Schultyp gegenüber erforderte schon eine gehörige Portion Kraft und Energie. Dank der uneingeschränkten Förderung durch den Schulträger, dem Bezirk Oberpfalz, und eines großartigen Einsatzes und Zusammenstehens von Schüler- und Lehrerschaft konnten wir sehr bald Fahrt aufnehmen und in ruhiges Fahrwasser gelangen. Das war die Zeit der Konsolidierung und inneren Entwicklung, bevor wir mit dem Bau des Konzertsaales 2002 und der Einführung unseres Musicalzweiges 2003 mit Power rasant und erfolgreich durchgestartet sind.

ONETZ: Sie waren aber auch über die Schule hinaus engagiert, oder?

Als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfachschulen in Bayern durfte ich über 30 Jahre lang Modelle, Ausbildungsgänge und so manche Konzepte mitentwickeln und in eine Lehrplanstruktur bringen. Es ist doch eine besondere Stärke unserer verhältnismäßig kleinen Schulen, schnell auf neue Entwicklungen, wie wir sie vor allem im Rock/Pop- und Musicalbereich erleben, reagieren zu können.
Gerne denke ich an die Sternstunden so mancher kleinen und großen Konzerte und freue mich immer wieder über die Komplimente ehemaliger Schülerinnen und Schüler, wie sehr es ihnen bei uns gefallen hat und dass sie ohne unsere Schule nicht zu ihrem Wunschberuf gekommen wären.

ONETZ: Und was werden Sie vermissen?

Vermissen werde ich die zwischenmenschlich so wertvollen und beglückenden Momente, die ich tagtäglich in unserer Schulgemeinschaft erfahren durfte.

ONETZ: Wird die Musik zukünftig Ihre ständige Begleiterin bleiben oder kommen jetzt auch neue und andere Interessen zum Zug?

Musik wird sicherlich ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens bleiben. Ich freue mich darauf, wieder mehr praktisch musikalisch tätig sein zu können, Orgel zu spielen oder gar einen Chor zu leiten. Die Liebe zur Kirchenmusik trage ich noch immer in mir. Dann ist da auch noch das Haus und der Garten, wo es fast täglich etwas zu tun gibt. Aber zunächst mal freue ich mich auf die Ruhe und eine Zeit ohne Termine. Alles andere wird sich regeln, da habe ich keine Sorge. Langweilig wird es mir sicherlich nicht werden.

ONETZ: Mit Dominik Lehmeier steht Ihr Nachfolger bereits fest. Was erwartet ihn an der Berufsfachschule für Musik?

Es ist eine der ureigensten Aufgaben einer beruflichen Schule wie wir es sind, junge Menschen auf ein erfolgreiches Berufsleben vorzubereiten und gemeinsam mit ihnen Perspektiven zu entwickeln. Gerade die Zeit der Corona-Pandemie hat gezeigt, wie zart und verletzlich das Pflänzchen Kultur sein kann und wie schnell künstlerisch und musisch tätige Menschen trotz aller Bemühungen durch das doch ansonsten recht engmaschige soziale Netz fallen können. Mit der Aufnahme an die Schule übernehmen wir eine hohe Verantwortung für die Berufsausbildung junger Menschen. Nicht jeder muss ein Musiker werden. Talentierte junge Menschen in ein Berufsleben zu führen, in dem Musik eine wichtige Rolle spielt, ist eine beglückende Aufgabe. Wir brauchen mehr denn je Multiplikatoren, die die Leidenschaft der Musik in sich tragen und andere anstecken. Wir müssen stets daran arbeiten, dass das Ausbildungsangebot noch vielfältiger, attraktiver und bekannter wird. In Zeiten sich stetig wandelnder Berufsfelder können sich schnell neue Wege auftun. Daher sollten Pläne und Ideen, wenn sie nicht bereits in der Schublade liegen, zumindest in den Köpfen schwirren.

ONETZ: Und auch wenn man natürlich keine Ratschläge gibt – was wünschen Sie ihm und Ihrer Schule?

Ich wünsche ihm, dass die Schule immer am „Puls der Zeit“ bleibt. Für die Zukunft wünsche ich, dass sich alle an der Schule wohl fühlen, Spaß an ihrer Arbeit haben und sich gegenseitig mit der Begeisterung für Musik anstecken: Auf dass das Feuer immer überspringt

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