Die Fügung auf seiner Seite hatte Gastgeber und Buchhändler Ralf Volkert nicht nur, als ihm nach 14 erfolglosen Bewerbungen endlich eine der acht exklusiven Blind-Date-Lesungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zugelost worden war. Vielmehr empfand er es als mindestens ebenso großes Glück, auf diesem Weg den in Dresden lebenden Schriftsteller Jens Wonneberger und seinen vielversprechenden Roman "Mission Pflaumenbaum" kennenzulernen.
Unter den 20 für die Longlist Ausgewählten zu sein, habe ihn sehr gefreut, bekannte der studierte Bauingenieur Wonneberger. Vor allem, weil sein Roman ja bereits im vergangenen Herbst erschienen und im Frühjahr beim Rennen um den Preis der Leipziger Buchmesse leer ausgegangen ist: "Da war die Überraschung jetzt umso größer."
Bevor er tatsächlich den schmalen Band aufschlug, gab er dem gespannten und erwartungsfrohen Publikum noch einige seiner Grundsätze mit an die Hand: Er lese jetzt das erste Kapitel, weil er auch immer vom Anfang weg schreibe. Er schreibe nur über das, was er kenne, er recherchiere nie, es gebe keinen Plot und nie mehr als vier Personen.
Sein Vergleich mit einem Kammerspiel erwies sich im Laufe der Lesung als zutreffend. In nüchternem Ton, vor puristischer, detailreich beschriebener Szenerie, verhandeln Wonnebergers Protagonisten Kramer und Rottmann Vergangenes und Gegenwärtiges in einem ostdeutschen Dorf, das nicht nur den alles dominierenden Arbeitgeber, eine Gurtweberei, verloren hat.
Die von Volkert angesprochenen, gewissen Parallelen zu Sulzbach-Rosenberg, Stichwort Maxhütte und Provinz, waren nicht von der Hand zu weisen. Mangels jedweden Unterhaltungs- oder Show-Schnickschnacks ließ sich auch nachvollziehen, was Wonneberger als essenziell ansieht: "Die Sprache ist das Wichtigste bei der Literatur." Er schreibe daher sehr langsam, spreche die Sätze beim Schreiben und sei glücklich, wenn er zwei, drei Sätze am Tag schafft. Die sitzen dann allerdings perfekt.
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