Sulzbach-Rosenberg
22.04.2020 - 17:59 Uhr

Ein halbes Jahrhundert mit Leib und Seele Mediziner

Dr. Volkmar Kretz arbeitet ohne Mundschutz im Einklang mit der Natur für die gesunde Seele und den lebendigen Körper. Der Sulzbach-Rosenberger praktiziert seit 50 Jahren als Arzt.

Dr. Volkmar Kretz an seinem Arbeitsplatz im Sprechzimmer. Bild: Stephan Huber
Dr. Volkmar Kretz an seinem Arbeitsplatz im Sprechzimmer.

Jeden Tag schwingt sich der 78-jährige Mediziner auf sein Fahrrad und dreht seine Runden zur Praxis und zu Hausbesuchen. „Meinen Töchtern sage ich immer: Das spart mehr Zeit als unendliche Telefonate.“ Es scheint, als ob er rund um die Uhr arbeiten würde. Im Interview wird schnell klar: Volkmar Kretz fand seine Berufung und ist ein Vollblut-Arzt, wie er nur noch selten zu finden ist.

1969 machte er sein Staatsexamen und begann ein Jahr darauf seine Karriere in einem kleinen Krankenhaus in Nittenau. „Das war die beste Vorbereitung auf meine Praxis“, erzählt Kretz. Obwohl er sich an den Sommer 1970 nicht mehr erinnern kann. „Wenn ich frei hatte, musste ich erst mal Schlaf nachholen.“ Es war eine für diese Zeit fortschrittliche Klinik, die viele Betriebsunfälle von den umliegenden Fabriken zu behandeln hatte. Eine der ersten in der Gegend, die Bauchfelldialyse-Behandlungen anbot und auch diese in das Amberger Krankenhaus brachte.

Als Kretz 1973 seine Hausarztpraxis am Spittl eröffnete, wusste er, dass er immer erreichbar sein musste. Das gelang ihm auch nur mit der Hilfe seiner Ehefrau. Allgemeinarzt, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Fachärzte gab es kaum.

Von der kleinen Chirurgie bis zur Geburtshilfe im Notfall – seine Einsätze kennen noch immer keine Grenzen. Ganz genau erinnert er sich an einen tragischen Vorfall, als er nachts um 3 Uhr im Keller seines Hauses eine große Wunde nähen musste. Jahrzehnte war er freiwillig als Notarzt tätig und engagierte sich als bayerischer Vorsitzender in der Umweltmedizin.

Wenn die Seele weint ...

Sich Zeit nehmen, Patienten zuhören und diese ernst nehmen – das ist das Wichtigste, um Ursachen zu beheben und nicht nur Symptome stillzulegen. Vor Zeiten kam eine Hirschauerin zu ihm, die über Kopfschmerzen und Müdigkeit klagte. Im Laufe der Behandlung und Befragung stellte der Mediziner fest, es müsse an ihrem Büro liegen. Als sie einen neuen Arbeitsplatz zugewiesen bekam, verschwanden auch ihre Beschwerden. Bestimmte Symptome verraten zum Beispiel einen möglichen Schimmelbefall in Räumen. Und so entdeckte er durch Begutachtung von Häusern auch die Ursachen für die Beschwerden anderer Erkrankter.

Ein weiteres Erlebnis, das ihn in seiner Tätigkeit bestätigte, war die Behandlung einer Krebspatientin. Die Metastase wurde entfernt, aber der Primärtumor nie gefunden. In solchen Fällen wird üblicherweise eine Lebenserwartung von weniger als zwölf Monaten prognostiziert. Mit der eingesetzten Misteltherapie lebte besagte Patientin weitere 15 Jahre.

Die Seele darf nie außer Acht gelassen werden. „Wenn die Seele weint, meldet sich der Körper“, sagt Volkmar Kretz. Unter Schluckbeschwerden und Bronchitis litt eine Patientin, die innerhalb kürzester Zeit drei Menschen aus ihrer Familie verlor. Psychogenische Ursachen sind daher nicht immer einfach zu erkennen und behandeln. Dem Allgemeinmediziner hilft dabei, dass er bereits mehrere Generationen einer Familie kennt und sich so Krankheitsbilder im Vorfeld ausschließen lassen.

Ungern greift er zum Antibiotikum – hier besteht er auf der Abklärung der Blutkörperchen durch einen Test. „Vergessen wir nie die guten alten Hausmittelchen unserer Großeltern“, plädiert der Sulzbach-Rosenberger.

Um für die Bundeswehr tätig zu sein, übergab er Ende 2005 seine Zulassung seiner Tochter und arbeitete an den Standorten Cham, Roding und Kümmersbruck. Doch vor sechs Jahren zog es ihn zurück in das heimische Sprechzimmer.

Ein kleines Laster hat auch der gesundheitsbewusste Mediziner Volkmar Kretz: Weißwein aus Österreich. Bild: Stephan Huber
Ein kleines Laster hat auch der gesundheitsbewusste Mediziner Volkmar Kretz: Weißwein aus Österreich.

Bei Corona wichtig: Ängste abbauen

In den Zeiten von Corona ist es ruhiger geworden in der Praxis. Vieles werde aus Angst telefonisch abgeklärt. Zwei Patienten aus China suchten ihn auf, aber ein Verdacht auf das Virus bestätigte sich nicht. „Wir müssen immer mit Mutationen von Viren rechnen – aber dieses Virus ist nun mal ansteckender als die Grippe“, sagt der erfahrene Arzt.

Die vorläufige Ausgangsbeschränkung sei gerechtfertigt. „Aber nicht einmal zu Zeiten der Pest wurden die Kirchen geschlossen.“ In Krisenzeiten brauchen Menschen seelischen Halt. Man müsse schnell eine andere Lösung finden.

Vor allem in Krankenhäusern sollte der normale Verlauf zurückkehren, da andere kranke Menschen ebenso versorgt werden müssen. Die Kindersterblichkeitsrate liege unter einem Promille – erst ab 60 Jahren werde es schwierig.

Eine generelle Pflicht für den Mundschutz empfindet Kretz als fragwürdig. „Einfache Masken sind schnell durchfeuchtet.“ Er arbeitet ohne – seine Töchter jedoch mit. Das Virus ist abhängig von Luftfeuchtigkeit. Im Sommer wird es kaum Fälle geben, aber im Herbst könnte es wieder kritisch werden. Besonders wichtig sei es, Ängste abzubauen. Forschung sei jetzt gefragt. Plasma-Tests von Geheilten und die Beobachtung vom Einsatz des Anti-Malaria-Medikaments hält er für sinnvoll.

Volkmar Kretz zieht den Karren, solange dieser gezogen werden will. Er hält sich jung mit Fahrradfahren, Gartenarbeit und regelmäßigem Schwimmen. Geistig fit bleibt der 78-Jährige durch seine Arbeit. Ein kleines Laster, gibt er zu, hat er dennoch: Der Genuss von Weißwein aus Österreich. Zur Verabschiedung hat er noch einen kleinen Rat parat. „Sagen Sie nicht, „bleiben Sie gesund“, denn das kann man nicht steuern. Deshalb: Passen Sie auf sich auf.“

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.