Der Seidl-Saal war so gut wie ausverkauft. Fans des New Orleans Jazz aus den 20er- und 30er-Jahren wollten sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Kopf des Ensembles ist Heye Villechner am Schlagzeug. Mit viel Wortwitz stellte er am Anfang die Mitglieder seiner Band vor, verschwieg aber zuerst, dass er im stolzen Alter von 81 Jahren noch immer die Sticks schwingt.
Über jedes ihrer Stücke erzählten sie eine Geschichte. So sei South ein Stück aus den 20er-Jahren, wobei man South natürlich mit „th“ schriebe, in Anlehnung an so manche Erinnerung es aber in „f“ spiele. Die Freude an Wortspielereien schwappte auf die musikalische Darbietung über. Im Rhythmus pulsierte das unbeschwerte Leben der Golden Twenties durch den ehrwürdigen Saal. Und am Mitwippen der Beine war zu erkennen, dass so mancher Zuhörer auch gerne getanzt hätten. Das Publikum ließ sich schon mit dem ersten Stück auf die Reise mitnehmen und belohnte jedes Solo mit Beifall.
Buddy Bolden erfand den Jazz, heißt es. Er war der populärste Musiker in New Orleans um die Jahrhundertwende bis 1906. Die Band ehrt ihn mit dem Buddy Bolden Blues, ein Stück, das nach seinem Tod aus gehörten Überlieferungen neu aufgenommen wurde. Am Piano ließ Tino Rossmann die Finger über die Tasten sausen. Wie sagte eingangs der 81-jährige Heye Villechner zur Begrüßung: „Wir sind froh, dass wir einen echten Doktor in unseren Reihen haben. In unserem Alter ist das wichtig.“
Die sechs Musiker nehmen sich selbst nicht so ernst und gestalteten so einen kurzweiligen Abend. Toni Ketterle führte durchs Programm und erzählte auch, dass in den 60er-Jahren ein junger Musiker bei dem Stück „Ain´t the sweet“ mit den Beatles im legendären Hamburger Star-Club auf der Bühne stand. Es war der Gründer der Heye's Society Jazzband, Heye Villechner. Erinnerungen und eine grandiose musikalische Zeitreise durch die Welt des New Orleans Jazz füllten den Seidel-Saal. Der Abend ging viel zu schnell zu Ende. Zum Abschied gab es zwei Zugaben und die Worte, vielleicht sehen wir uns ja irgendwann einmal wieder. Dieser Satz schürte Hoffnungen.
Man verließ den Saal, im Ohr den Rhythmus von Piano und Schlagzeug, und wunderte sich ernsthaft, warum auf dem Parkplatz statt eines schicken 25er Ford Model T nur ein Opel Kadett steht.
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