Sulzbach-Rosenberg
12.03.2020 - 17:11 Uhr

Leonhard Cohen, seine Musik und Texte unter der Lupe

Jeder kennt "Hallelujah", den Welthit Leonard Cohens. Was viele über den kanadischen Sänger nicht wissen, davon spricht Peter Seidl in der ehemaligen Synagoge.

Bei einem eindrucksvollen Vortrag zeigte Peter Seidl das Leben und Wirken Leonard Cohens auf. Bild: hka
Bei einem eindrucksvollen Vortrag zeigte Peter Seidl das Leben und Wirken Leonard Cohens auf.

Beim legendären Konzert Leonard Cohens 1970 auf der Isle of Wight war Peter Seidl als junger Mann dabei. Noch einmal erlebte er den kanadischen Sänger und Poeten im Jahr 2008. "In all den Jahren dazwischen habe ich Leonard Cohen aus tiefstem Herzen verehrt und tue das auch heute noch", bekennt er. Er hat einen Vortrag erarbeitet, in dem es um Cohens Musik geht, vor allem aber um seine Texte. Das Besucherinteresse registriert der ehemalige Chef des Sulzbach-Rosenberger und des Amberger Erasmus-Gymnasiums erfreut: "Die in der Synagoge notwendige Anzahl von zehn Gläubigen ist weit überschritten."

Seidl zeigt die Biografie Cohens auf, der 1934 in Montreal als Sohn einer Familie wohlhabender jüdischer Tuchfabrikanten geboren wurde. Er schrieb Gedichte und vertonte sie, um damit mehr Geld zu verdienen; 1968 erschien sein erstes Album. Nach einem unsteten Leben und sechsjährigem Aufenthalt in einem Zen-Kloster begann 2001 seine eigentliche Karriere. Auf einer Welttournee 2008 bis 2010 begeisterte er ein Millionenpublikum mit seinem Spätwerk. Cohens 14. und letztes Album erschien 2016, im November darauf starb er in Los Angeles.

Peter Seidl stellt die einzelnen Alben des Sängers vor, widmet sich aber akribisch vor allem den Texten der Lieder. "Getränkt im jüdischen Erbe" sind darin Anspielungen auf das "auserwählte Volk", Motive aus dem Alten Testament sowie die Gegenüberstellung von Judentum und Christentum. Auch christliche Bilder und Motive erkennt Seidl in Cohens Liedtexten: das Lamm als zentrales Motiv, die Wandlung von Wasser zu Wein, den Marien-Mythos. Der Agnostiker Cohen spricht über die prinzipielle Gleichheit der Religionen, beschäftigt sich mit Tod und Nachleben, klagt die an, "welche die Altäre bauen". Dabei kann sich der Mystiker und Zyniker jedoch auch selber auf den Arm nehmen, kokettiert im "Tower of Song" mit Aussehen, Alter und Verlust der sexuellen Kraft, spielt die eigene Leistung herunter. "Hört auf den Kolibri, nicht auf mich", heißt es in seinem Song "Listen to the Hummingbird".

Sechs Beispiele seiner Lieder lässt Peter Seidl anspielen in einem Bogen von seinem ersten bis zu seinem letzten Album. Er zeigt die Entwicklung des Künstlers auf, hat seine englischen Texte übersetzt, die er als literaturpreiswürdig bezeichnet, demonstriert mit seiner umfassenden Arbeit seine Bewunderung und Hochachtung Cohens. Und dann ist der Meister selber im Raum. In einem Live-Mitschnitt eines seiner letzten Auftritte agiert er vor der Kamera, seine Stimme ein tiefes angenehmes Sprechen, seine Ausstrahlung und Liebenswürdigkeit, seine Demut und der Dank für das Publikum begeistern seine Fans im Konzert, hinterlassen aber auch einen tiefen Eindruck bei den Besuchern in der Synagoge. Das bestätigt Johann Bauer von der Katholischen Erwachsenenbildung, die zusammen mit dem Verein Ehemalige Synagoge Veranstalter des Abends war, in seinem Dank an Peter Seidl.

"Auf altmodische Weise" habe Cohen in seinen Anfangsjahren die Gitarre gespielt, demonstriert Peter Seidl seinem Publikum in der Synagoge. Bild: hka
"Auf altmodische Weise" habe Cohen in seinen Anfangsjahren die Gitarre gespielt, demonstriert Peter Seidl seinem Publikum in der Synagoge.
 
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