Der halbtägige Privatbesuch im Rahmen seines Sommerurlaubs in einer Nachbarregion führte Reiner Haseloff, seit Frühjahr 2011 Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, mit Frau Gabriele und dem katholischen Theologen Christian Karl Steger (geboren in Hartenstein, seit 2012 Pfarrer an der Schlosskirche Bayreuth) in die Altstadt von Sulzbach-Rosenberg. Ganz so geheim war der Abstecher aber dann doch nicht geblieben: Im Garten des evangelisch-lutherischen Dekanats wurde die illustre Gästegruppe begrüßt von Dekan Karlhermann Schötz und Pfarrer Dr. Roland Kurz sowie von Landrat Richard Reisinger, Bürgermeister Michael Göth und Pastoralreferent Markus Lommer. Der ehrenamtliche Stadtheimatpfleger hatte in Absprache mit Pfarrer Steger das Besuchsprogramm organisiert.
Zum Auftakt luden die beiden Geistlichen zur Kurzbesichtigung des Dekanatsgebäudes und der 1957 errichteten Christuskirche ein, wo sich der hohe Gast in die Goldenen Bücher des Landkreises und der Stadt eintrug. Im Anschluss erläuterte Kirchenhistoriker Lommer Besonderheiten der benachbarten St.-Marien-Kirche, die 1652 bis 1957 in simultaner Nutzung beiden Konfessionen als Gotteshaus diente – und Landrat Reisinger bis heute als geistig-geistliche Heimat dient, wie dieser gerne bestätigte. Dabei informierten die Gastgeber den theologisch und historisch versierten Politiker aus Magdeburg auch über die Mitte September in Sulzbach-Rosenberg stattfindende überregionale Tagung zu den deutschen Simultankirchen.
Ein bibelfester Gast
Kirchenmusiker Steffen Kordmann intonierte zwei Orgelstücke, unter anderem aus der Feder des diesjährigen Jubilars Max Reger (geboren 1873). Auf der Wunschbesuchsliste der Gäste stand insbesondere die Fürstengruft unter dem Altarraum von St. Marien, wo neben Herzog Christian August auch die Stamm-Mutter des bayerischen Königshauses bestattet ist. Beim Vorbeigehen am Jakobhaus erwies sich der Ministerpräsident als Kenner der Bibelübersetzung des 1793 dort geborenen Theologen Joseph Franz von Allioli. Von der Historischen Druckerei Seidel, wo die Gäste insbesondere die wertvollen Buchbestände und die erhaltene Werkstätte im Seidel-Saal beeindruckte, führte der Weg weiter in die ehemalige Synagoge. Dort entführte Stadtarchivar Johannes Hartmann die Gäste auf eine illustrierte Zeitreise durch die eindrucksvolle jüdische Vergangenheit von Sulzbach-Rosenberg.
Nachmittags standen mit der St.-Hedwigs-Kirche am Rande des Schlossareals und der simultanen Spitalkirche St. Elisabeth auf dem Bühl noch zwei sakrale Kleinode mit klösterlicher Vergangenheit auf dem Programm. Mit dem Sulzbacher Kirchenlied „Morgenglanz der Ewigkeit“ von Christian Knorr von Rosenroth, den Klängen der barocken Hößler-Orgel von 1743 im Bürgerspital und einem gemeinsamen Vaterunser wurde das Besuchertrio auf seine weitere Reise durch Kultur und Geschichte der Oberpfalz entlassen. Das Ehepaar Haseloff und Pfarrer Steger zeigten sich fasziniert – nicht nur von der Dichte an religionsgeschichtlich bedeutenden Ereignissen und Personen oder der Fülle an historischer Substanz innerhalb der Mauern der Sulzbacher Altstadt, sondern ebenfalls von der Art der Aufarbeitung und Erschließung der reichen Geschichte, auch für ein breites Publikum.
Schloss Neidstein begeistert
Ein besonderes Schmankerl wartete am Schluss: Der 69-jährige Reiner Haseloff und seine Begleiter nutzten den Aufenthalt auch gleich zu einem Besuch auf Schloss Neidstein (Gemeinde Etzelwang). Maximilian Wilfurth, Bruder des heutigen Besitzers Konrad Wilfurth, begleitete die Gruppe durch das restaurierte Schloss, zeigte Garten und Repräsentationsräume des ehemaligen Stammsitzes der Freiherrn von Brand. In die Schlagzeilen geriet das Schloss, als der US-amerikanische Schauspieler Nicolas Cage es erwarb, um es dann aber bald an den heutigen Besitzer weiter zu veräußern. Dieser habe das Schloss in den vergangenen Jahren mit viel Aufwand hergerichtet und zugänglich gemacht.
Der Ministerpräsident lobte die schonende Art der Sanierung sowie die einzigartige, angenehme Atmosphäre im Schloss. Der letzte Schlossherr aus der Familie, Philipp Theodor Freiherr von Brand (1898 – 1973), hatte als Protokollchef der Bayerischen Staatskanzlei immer wieder hohen Besuch auf seinem Schloss. „Theodor Heuss, der erste Bundespräsident, war da, auch die Bayerischen Ministerpräsidenten Ehard, Hoegner, Seidel und Goppel“, informierte Wilfurth.
Kürzlich erst in Michelfeld
Vor einigen Wochen hatte Haseloff bereits mit seiner Frau ebenfalls inkognito die Michelfelder Pfarrkirche besichtigt und sich dabei gegenüber Kirchenführer Luitpold Dietl sehr beeindruckt von der Kunst der Gebrüder Asam gezeigt, die den Innenraum des Michelfelder Gotteshauses gestaltet haben. Den Tipp, sich diese Kirche anzuschauen, hatte Haseloff übrigens von Ortspfarrer Markus Flasinski. Der war früher in Bayreuth tätig, wo Haseloffs Sohn arbeitet.
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