Ökumenisches Symposium über Simultankirchen: Toleranz als Schlüssel für Gleichberechtigung der Religionen

Sulzbach-Rosenberg
17.09.2023 - 17:41 Uhr
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Es war ein Experiment, dass Herzog Christian August 1652 das Simultanem einführte. Er war nicht der erste in Deutschland, aber der radikalste. Eine der zentralen Aussagen beim Sulzbach-Rosenberger Symposium über deutsche Simultankirchen.

Im gotischen Rathaussaal in Sulzbach-Rosenberg schaut Herzog Christian August wohlwollend aus dem vergoldeten Rahmen herab auf die Wissenschaftler und historisch Interessierten aus der Region. Sie alle wollen unter den aufmerksamen Augen des Pfalzgrafen mehr über die theologischen, kirchenhistorischen und rechtlichen Seiten dieser Regelung wissen, die rund 350 Jahre lang das Leben der Gläubigen bestimmte.

Ausgewiesene Kenner der Materie beleuchteten in spannenden Vorträgen die unterschiedlichsten Aspekte des Themas. Wie Prof. Klaus Unterburger darlegte, waren Pluralismus und Toleranz im 17. Jahrhundert keine Regierungsziele, vielmehr war es die Aufgabe des Herrschers, das Heil seiner Untertanen zu fördern und durch konfessionelle Homogenität für Frieden zu sorgen. Für wie wichtig man die Einheitlichkeit hielt, zeigt sich daran, dass man es seinerzeit schon als Simultaneum bezeichnete, wenn es in einem Territorium evangelische und katholische Kirchen gab. Dabei war ein solches Territorialsimultaneum viel weniger konfliktträchtig als ein Realsimultaneum wie in Pfalz-Sulzbach. "Bei der Rekatholisierung haben die Predigten der Jesuiten nicht sofort gewirkt, wohl aber die Androhung von Einquartierung", so Unterburger zu einem weiteren religionsgeschichtlichen Teilaspekt.

Geändertes Verständnis

Denkbar war die Sulzbacher Lösung nur, weil sich das Verständnis von Religion zu Christian Augusts Lebzeiten langsam wandelte. Prof. Hans-Jürgen Becker erläuterte, dass Religion vorher eine äußere Pflicht war und sie jetzt langsam zu einer innerlichen Haltung wurde: Der Pietismus entstand.

Vor dem Abendessen sangen alle Besucher zusammen den Kanon „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn“. Die Katholiken fingen an, die Evangelischen setzten ein, und dann erfüllte harmonischer Wohlklang den Rathaussaal. Das Simultaneum hat es nicht vermocht, den Umgang der Konfessionen miteinander friedlich zu machen, in der Ökumene gelingt es.

Stadtführungen und Konzert

Ergänzend zu den Vorträgen gab es ein Rahmenprogramm mit Stadtführungen und einem Konzert. Wie klang der Hof Christian Augusts? Welche Musik wurde gespielt? Das zeigte das Ensemble Sanspareil unter der Leitung von Michael Kämmle. Auf Nachbauten von historischen Instrumenten, Block- und Traversflöten, einer Barockgeige und einer Theorbe, der Basslaute mit langem Hals und zwei Wirbelkästen.

Ergänzt wurden die Instrumentalisten vom Bariton Manuel Krauß, der mit eleganter Stimme, strahlenden Höhen und grollenden Tiefen das Publikum fesselte. Kämmle hatte Werke katholischer, evangelischer und jüdischer Komponisten arrangiert und zeigte damit, dass auch in der Musik die Grenzen der Religion bedeutungslos werden.

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Sulzbach-Rosenberg11.09.2023
 
 

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