Sulzbach-Rosenberg
27.11.2023 - 10:29 Uhr

Orange Day: Stadtführung über Sulzbachs starke Frauen und Kabarett mit Teresa Reichl

Starke Freuen – die gab es und gibt es in Sulzbach-Rosenberg reichlich. Die Kulturwerkstatt lud am 25. November, am Orange Day, zu einem besonderen Programm ein, auch um auf das Thema der Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen.

In Deutschland sind 71,1 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt weiblich. 133 Frauen wurden im vergangenen Jahr von ihrem Partner oder Expartner getötet. Auch in anderen Ländern ist geschlechtsbezogene Gewalt bis hin zum Femizid traurige Realität.

1999 griffen die Vereinten Nationen einen Gedenk- und aktionstag auf, den Menschenrechtsorganisationen wie Terre des Femmes schon seit 1981 begehen, um die Menschenrechte von Frauen zur Sprache zu bringen und Frauenrechte zu stärken. Dabei geht es um Themen wie Zwangsprostitution, sexuellen Missbrauch, häusliche Gewalt und Zwangsheirat. Der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen wird auch als Orange Day bezeichnet, weil die Farbe Orange eine Welt ohne Gewalt gegen Frauen symbolisiert.

Die Kulturwerkstatt lud am Orange Day, zu einem besonderen Programm ein, um auf das Thema der Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Tanja Weiß stellte bei einer Stadtführung starke Sulzbacherinnen vor. Dabei verknüpfte sie die Informationen über diese Frauen mit Frauenrechten, die zu Zeiten der bedeutenden Sulzbacherin verletzt wurden, aber heute in vielen Ländern der Welt und teilweise auch in Deutschland immer noch verletzt werden.

In der ehemaligen Nikolauskapelle im Schloss lernte die Gruppe Bertha kennen, die Tochter Graf Berengars. Bertha wurde Anfang des 12. Jahrhunderts mit Manuel, einem Sohn des Kaisers von Konstantinopel vermählt. Für eine Sulzbacher Grafentochter war das eine sehr gute Partie. Trotzdem war es aus heutiger Sicht eine Zwangsheirat, und sicherlich genoss Bertha in ihrer Ehe keine sexuelle Selbstbestimmung.

In der Durchfahrt zur Polizei hängt eine unauffällige Gedenktafel. Sie erinnert an das Große Preußische Militärwaisenhaus, das im 2. Weltkrieg in das Sulzbacher Schloss verlegt wurde. Hier wirkte Fräulein Karin von Lilienfeld als Erzieherin. Sie unterlag dem Lehrerinnenzölibat, durfte also nicht heiraten, weil sie sonst entlassen worden wäre und sogar ihre Rentenansprüche verloren hätte. Bis 1951 galt in Bayern diese diskriminierende Regelung. Karin von Lilienfeld wurde nach dem Krieg als Begründerin der Stadtbibliothek und eine der Mütter des Volksbildungsvereins zu einer bedeutenden Förderin der Bildung: „Ohne Fräulein von Lilienfeld wären wir hier in Sulzbach noch lange ziemlich dumm geblieben“, brachte Weiß es auf den Punkt. Bildung, und zwar für Mädchen, dafür hat sich auch Herzogin Eleonore Philippine eingesetzt. Sie stiftete das Kloster, in dem heute die Polizei ist. Dort wurden nicht nur katholische, sondern auch evangelische, reformierte und jüdische Mädchen unterrichtet. Bildung ist heute wie vor 250 Jahren der Schlüssel zu einem freien, selbstbestimmten Leben.

Zum Schluss berichtete Weiß über Tilly Seiferth. Von ihr hatten die Teilnehmer an der Stadtführung noch nie gehört, aber die Stadt hat ihr viel zu verdanken. Im April 1945 standen die Amerikaner in der Oberpfalz. Die fanatischen Nazis wollten die Stadt verteidigen, obwohl sie schon unter Beschuss lag. Tilly Seiferth schlich sich mit einem Bettlaken ins Rathaus und hisste es als weiße Fahne. Daraufhin übergab der Nazi-Bürgermeister den amerikanischen Truppen die Stadt.

„Die kann was“, so ist das erste Solo-Programm der jungen niederbayerischen Kabarettistin Teresa Reichl überschrieben. Sie erklärte im Anschluss an die Führung im vollbesetzten Seidelsaal, warum: Das sei das Dreisteste, Frechste, was man als junge Frau von sich sagen kann. Zwei Reaktionen seien möglich. Die Leute kommen zur Vorstellung, weil sie es glauben, oder sie kommen, gerade weil sie es nicht glauben. Eins ist klar: „Ich weiß, das Programm ist wahnsinnig lustig. Wenn ihr nicht lacht, ist es euer Problem.“ Das Publikum hatte kein Problem, sondern lachte, dass die Wände wackelten. Reichl erzählte aus ihrem Leben und ging dabei auf den Unterschied zwischen „objektivem Humor“ und Frauenhumor ein. Das beste Beispiel seien Peniswitze – für Männer brüllkomisch, also objektiv, für Frauen peinlich oder dumm, so die Kabarettistin. Alberne Tiergedichte als Strategie in peinlichen Momenten, Rückwärtssalto und Spagat, Pandemie, Pubertät, die Superkraft der genialen Lüge, die stets präsente Ukulele, der Abend war ein Rundumschlag gegen alles, was eine junge Frau aus einem niederbayerischen Dorf erlebt. Die Frauen lachten Tränen, und auch die Männer hatten offensichtlich Spaß. Vielleicht ist ja auch Frauenhumor „objektiv“?

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.