Bei der Arbeit des Sulzbach-Rosenberger Umweltschutzbeauftragten geht es sehr oft um Konfliktfelder. Wie Peter Zahn im Interview mit der SRZ als Beispiel angibt, müssten bei Bauvorhaben die Belange des Umweltschutzes neben allen andern Belangen berücksichtigt werden. Bei der Abwägung stehen sie dann leider nicht immer an erster Stelle.
ONETZ: Herr Zahn, es gibt also bleibende Probleme und Defizite. Ist die Flächeninanspruchnahme das beherrschende Dauerthema?
Peter Zahn: Es wird von niemandem bestritten, dass zu viele unverbaute naturnahe Freiflächen für Bauvorhaben umgenutzt werden und dass gesetzliche Verpflichtungen zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden existieren. Neue bebaubare Flächen werden aber unvermindert weiter bereitgestellt; Bodenversiegelung und Vegetationszerstörung finden weiter statt.
Das Ziel „Flächeninanspruchnahme deutlich verringern“ muss konkretisiert werden. Die Stadt muss ein Konzept zur mittelfristigen nachhaltigen Entwicklungsplanung erstellen und als Grundlage für weitere Entscheidungen verpflichtend beschließen. Baulücken und Leerstände müssen durch passende Förderprogramm der Stadt beseitigt werden.
ONETZ: Wie sieht es im Stadtgebiet mit den Waldflächen aus? Sind auch diese in der Vergangenheit weiter geschrumpft?
Peter Zahn: Für neue Wohn- und Gewerbegebiete werden – und wurden – größere Waldflächen beansprucht. In einem Zeitraum von 30 Jahren verschwanden dadurch im Stadtgebiet über 500 000 m2 Wald. Der Verlust der Waldfunktionen belastet den Naturhaushalt schwer und hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun. Für neue Bauvorhaben dürfen daher keine Waldflächen mehr gerodet werden! Für die zerstörten Waldgebiete sind Ersatzmaßnahmen erforderlich.
ONETZ: Auch beim Thema „Klimaschutz“ gibt es Zielvorgaben und Lippenbekenntnisse. Hat die Stadt bei der Energiewende den richtigen Weg eingeschlagen?
Peter Zahn: Der unbegrenzte Energieverbrauch (Strom, Heizung, Verkehr) muss wegen der Belastung der Atmosphäre mit Treibhausgasen und der Ressourcenverknappung drastisch eingeschränkt werden. Die Bemühungen der Stadt Sulzbach-Rosenberg beim Energiesparen sind anerkennenswert und ausdrücklich zu loben. Weitere Anstrengungen sind aber unverzichtbar. So müssen z.B. Energieeinsparmaßnahmen in den privaten Haushalten und im Kleingewerbe umgesetzt werde.
Dringend erforderlich ist dazu die Schaffung einer Planstelle „Klimaschutzmanager“ bei der Stadt. Durch Festsetzungen in Bebauungsplänen (PV-Dachanlagen, Wärmeversorgung) und städtische Förderprogramme kann der Wärmebedarf beim Wohnen reduziert werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen, wie etwa Wind, Sonne und Biomasse muss vorangebracht werden.
Dringend erforderlich ist dazu die Schaffung einer Planstelle „Klimaschutzmanager“ bei der Stadt.
ONETZ: Nicht zuletzt durch die Pläne der Bahn für eine Stromtrasse, die der Elektrifizierung des Schienennetzes dienen soll, ist das Thema „Mobilitätswende“ wieder in aller Munde. Was muss sich Ihrer Meinung nach beim Verkehr ändern?
Peter Zahn: Wie beim Thema Flächeninanspruchnahme besteht auch beim Thema Verkehr allgemein Einigkeit darin, dass die bestehende Situation so nicht weiter beibehalten werden kann. Die Belastungen der Umwelt und die negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung zwingen zu Aktivitäten. Leider erfolgt dies in der Praxis viel zu zögerlich. Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Fußgänger müssen umgesetzt und die Ansätze zur Optimierung des Fahrradverkehrs fortgesetzt und intensiviert werden. Zukunftsfähige Richtungsentscheidungen im Bereich ÖPNV und beim motorisierten Individualverkehr müssen getroffen werden.
ONETZ: Wie bewerten Sie die vorherrschende Situation beim Natur- und Umweltschutz, wo Ihnen ja allgemein die Kernkompetenz zugeschrieben wird?
Peter Zahn: Unsere Umwelt verändert sich ständig. Natürlich ist, dass zum Beispiel alte Bäume (in den Alleen um die Altstadt oder zum Annaberg oder in Privatgärten) absterben und daher gefällt werden müssen. Neue Bäume oder Sträucher wachsen nach oder werden gepflanzt. Für Siedlungsvorhaben werden Wälder, Äcker und Wiesen beseitigt. Durch Ersatzpflanzungen an anderen Stellen werden die Verluste kompensiert. Naturnahe Flächen gehen somit nicht verloren – der Bestand wird erhalten.
ONETZ: Diese Verluste können aber sicher nicht von heute auf morgen ausgeglichen werden?
Peter Zahn: Genau, denn unberücksichtigt bleibt dabei der Zeitfaktor. Die Eingriffe erfolgen schlagartig, die Umweltleistungen der Waldflächen fallen sofort aus und der Ersatz bekommt aber erst nach Jahren oder Jahrzehnten eine voll wirksame ökologische Funktion. Meiner Meinung nach wird zurzeit zu schnell und zu umfangreich in die vorhandenen Vegetationsbestände eingegriffen.
ONETZ: Wie sehen die Maßnahmen zum Gegensteuern aus?
Peter Zahn: Da andauernd natürliche Freiflächen beansprucht werden, müssen zum Ausgleich Flächen gleicher Größe als dauerhaft gesicherte Schutzgebiete ausgewiesen werden (Naturschutzgebiete, geschützte Landschaftsbestandteile). Am Rosenbach müssen die Maßnahmen des Gewässerentwicklungskonzeptes umgesetzt werden.
ONETZ: Was schreiben Sie also Stadtrat, der Verwaltung und dem Rathauschef ins Stammbuch?
Peter Zahn: Meine Anregungen zeigen auf, wo Handlungsbedarf besteht und welche Möglichkeiten dazu bestehen. Bürgermeister und Stadtrat können einzelne Vorschläge aufgreifen und deren Umsetzung einleiten. Angesichts der bedrohlichen Umweltkrisen sollte bis dahin aber nicht zu viel Zeit ungenützt verstreichen.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.