Peter Zahn vom Bund Naturschutz eröffnete den Vortrag mit Pressezitaten. Sie verdeutlichten, in welch kontroversem Licht der Wolf dargestellt wird. Während Naturschutzorganisationen die Rückkehr des Wolfes begrüßen, herrschen in der Bevölkerung und bei Viehhaltern und Jägern Vorurteile und viel Ablehnung.
Gespannt und interessiert lauschten die Zuhörer dem studierten Förster Ulrich Wotschikowsky im vollbesetzten LCC. Wer nicht rechtzeitig da war, musste stehen. Der Referent, bekannt auch unter dem Kürzel "Wotsch", ist die erste Adresse in Deutschland, wenn es um Wölfe geht und um die Fragen, die sich damit aktuell und mittelfristig stellen.
In der Europäischen Union leben derzeit 12 000 bis 14 000 Wölfe in neun Populationen. Die in Deutschland lebenden Wölfe kämen alle aus dem Baltikum. "Kein einziger Wolf wurde ausgesetzt, wie in manchen Fake-News zu lesen war." Die EU verpflichte die Länder zu einem sogenannten Wolfs-Monitoring, also zur Datenerhebung. So wisse man heute sehr genau über Rudel oder territoriale Paare Bescheid.
Der in Oberammergau beheimatete Experte erklärte, dass in den letzten 40 Jahren nichts passiert sei. "Es sind nur zwei Problemfälle bekannt. Ein Vorfall im norddeutschen Munster ist auf Fütterung durch Soldaten des Truppenübungsplatzes zurückzuführen. Bei einem anderen Fall war der Weidezaun zu niedrig. Ein Wolf überspringt locker ein Hindernis mit 1,10 Metern Höhe!" Wotsch mahnte an, dass alle Vorfälle in die richtige Relation zu setzen seien und vor allem genau untersucht werden müssten. So sei der auch im Publikum diskutierte tödliche Vorfall für einen Jagdhund auf gravierende Fehler des Halters zurück zu führen.
Die Frage, ob der Wolf in das Jagdrecht aufgenommen werden soll, wird derzeit auch politisch diskutiert. Ulrich Wotschikowsky: "In den nächsten Tagen will sich Julia Klöckner (CDU) mit Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) treffen und über Wölfe reden. Vermutlich will die Bundeslandwirtschaftsministerin ausloten, ob man nicht endlich Wölfe zur Populationsbegrenzung schießen kann."
"Mit diesem Ansinnen ist sie in prominenter Gesellschaft. Quer durch fast alle Parteien, die Grünen ausgenommen, sehen Politiker die Lösung von Konflikten im Schießen von Wölfen statt im Schützen von Weidetieren. Auch Frau Klöckner wandelt auf diesen ausgetretenen Pfaden. Das Trojanische Pferd dafür ist der ,Problem-Wolf' - der so selten ist wie ein weißer Hirsch", ist der Experte überzeugt. Zum Thema
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Mit dem Schutz von Weidetieren spricht Experte Ulrich Wotschikowsky ein Thema an, das auch beim Publikum sofort diskutiert wird. Über Fördermaßnahmen und staatliche Hilfen gibt Markus Martini Auskunft. Er ist der Wolfsbeauftragte für Niederbayern und die Oberpfalz. Schnell wird deutlich, dass die staatlichen Hilfen nur die Oberfläche der Wünsche der Weidetierhalter und Schäfer ankratzen. Herdenschutzhunde können dabei nur eine langfristige Lösung sein.
„Der Wolf wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Wichtig sind Aufklärung und vor allem ein gesunder Bezug zur Realität“, fasste ein Besucher den Abend zusammen. „Die Gesellschaft will den Wolf, dann muss die Gesellschaft auch die Aufwendungen dafür tragen.“ Hier bliebe nur noch zu ergänzen: „Die Aufwendung der Gesellschaft bedeutet aber auch, dass Akzeptanz gegenüber der Natur geübt wird, die sich sowieso nicht kontrollieren lässt!“
Hintergrund
Ein theoretisches Habitatsmodell, das von polnischen Wolfsbefürwortern entwickelt wurde, gibt für Deutschland einen Platz für rund 440 Rudel an. Dabei wird angenommen, dass ein Drittel des Landes von residenten Wölfen besiedelt und der Rest als Durchgangsland eingestuft wird. Genaue Prognosen sind nicht möglich, denn Wölfe können auch wandern. So ist von mit Sender ausgestatteten Tieren bekannt, dass sie 700 Kilometer in wenigen Wochen zurücklegen können.
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