Stefan Rimek, der Präsident der RSGI, entführte nach der Begrüßung durch Patricia Preuß vom Literaturarchiv die Gäste in eine literarisch-musikalische Sphäre mit den Worten: „Wir sind zwar ein internationaler Verein, aber dennoch so arm, dass der Präsident selbst Musik machen muss.“ Und schon spielte er zur Eröffnung auf seiner Ukulele. Dann ließ Oliver Nitzbon in seinem Buch den weniger erfolgreichen Künstler David Keppler sterben. Er las aus seinem bislang unveröffentlichten Roman Christus von Berlin. Tage nach der Beerdigung wird das Grab geschändet und der Sarg bleibt verschwunden. Auferstehung, Straftat oder eine wohl überlegte Marketingstrategie? Auf die Auflösung der Geschichte wird man noch geduldig warten müssen, denn derzeit sucht der Autor noch einen Verlag.
Zwischenzeitlich hatte sich Heiner Weigert mit seiner Klarinette im Gepäck eingeschlichen. Zusammen mit Stefan Rimek begeisterte er die Gäste mit dem brasilianischen Stück Black Orpheus.
RSGI-Vizepräsidentin Lisa Weichart nahm die Zuhörer zuerst in die Villa Zwischenraum mit. „Die Geschichte muss man fühlen und nicht denken“, erklärte die Regensburger Autorin. „Sie ist eingebettet zwischen Traum und Aufwachen und ist dennoch unendlich groß.“ Weichart erzeugt mit ihren Worten beim Zuhörer Bilder im Kopf. Und so war man durchaus verwundert, dass im Weinraum anders als erwartet nicht eine erlesene Auswahl an vergorenem Traubensaft lagert, sondern er tatsächlich dem Weinen dient. Auch die mehr der Realität zugewandte Geschichte Blechlilien, eine leicht frivole Erzählung über eine französische Austauschschülerin und einen pubertierenden Burschen, nimmt eine unerwartete Wendung.
Der Titel Affenleuchten ist der dritte Roman der Autorin. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Anja, eine Frau in den Vierzigern. Ihr geliebter Mann starb bei einem Autounfall. Ihr als Beifahrerin passierte nur wenig. Als Therapie vollzieht sie die schicksalhafte Fahrt nach München nach. Und dort überstürzen sich die Ereignisse. Auch in diesem Roman spielt die Autorin mit der Fantasie der Zuhörer. Bei dem Satz „fühlte sich der letzte Knopf des Mantels durch die klammen Finger wie ein gefrorener Frosch an“ blicken die Zuhörer automatisch auf ihre Hände. Dann sind es wieder gleichklingende Worte oder Reime, die wie Gewehrfeuer auf die Hörer einwirken. Und spätestens hier wird deutlich, dass bei Lisa Weichart die Kunst des Schreibens und das Talent des Vorlesens untrennbar miteinander verbunden sind.
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