Anlässlich des Internationalen Frauentages hatte der Kreisverband zu einem Rundgang mit Stadtführerin Tanja Weiß eingeladen, in dem zuvorderst die Ehefrauen der Pfalzgrafen und andere Vorreiterinnen Sulzbachs einmal in den Vorgerund gerückt wurden. Yvonne Rösel und Tanja Weiß begrüßten die Gruppe und schlugen zu Beginn den thematischen Bogen zum Gender-Pay-Gap, der manifestiert, dass die Verdienstmöglichkeiten für Frauen immer noch nicht gleich verteilt sind, da diese mehr Care-Arbeit leisten. Nicht nur monetär, sondern auch augenscheinlich in der Präsenz innerhalb der Geschichte sind Frauen benachteiligt, denn das weibliche Geschlecht wird oftmals aus den Geschichtsbüchern getilgt, da das Schreiben dieser Bücher in reiner Männerhand lag, erklärte Weiß.
Bei schönstem Wetter durften die interessierten Zuhörer dann so manche Sehenswürdigkeit besuchen, die dem Bürger sonst verwehrt bleibt: In der Nikolauskapelle im Schloss erzählte Weiß anschaulich über Bertha von Sulzbach, die nach Byzanz ziehen musste und dort zu ihrer Schande "nur" zwei Töchter gebar. Dass Zwangsverheiratung und sexuelle Nötigung in der Ehe auch heute noch existieren, ist jedoch immer noch Realität in vielen Teilen der Erde, mahnte die Gästeführerin.
Gründerin der Stadtbibliothek
Im Torbogen des Schlosses wurde eine weitere Persönlichkeit Sulzbachs vorgestellt: Carin von Lilienfeld, die sich der Verbesserung der Stellung der Lehrerinnen und Erzieherinnen verschrieben hatte und als Begründerin der Stadtbibliothek gilt. Die Kirche verfügte damals über die Lebensweise dieser Pädagoginnen: sie mussten zölibatär leben.
In der Hedwigskapelle schlug Weiß den Bogen von Eleonora Philippina von Hessen-Rotenburg, die jüdischen, protestantischen und katholischen Töchtern mit ihrer Klosterstiftung eine umfassende Bildung ermöglicht hatte, hin zu der Situation heute: "Bildung ist der Schlüssel zur Welt. Und viele Mädchen werden auch heutzutage bewusst von Bildung ferngehalten."
Kapitulation signalisiert
Auf den weiteren Stationen im Sulzbacher Rathaus, im Literaturarchiv und im Pflasterzollhaus wusste Weiß noch von vielen starken Frauen zu berichten wie Tilly Seiferth, die mit einem Bettlaken als weißer Fahne den amerikanischen Truppen die Kapitulation Sulzbachs signalisierte, oder Franziska Dorothea, Pfalzgräfin von Sulzbach.
Mit dieser Führung der starken Frauen Sulzbachs bekräftigte sie das Anliegen, diesen den Platz einzuräumen, den sie verdienen, denn "hinter den großen Männern werden die Frauen oft vergessen." Während des Rundgangs vergaß sie nie die Aktualität dieser weiblichen Verdienste zu betonen und auf die immer noch bestehenden Ungerechtigkeiten hinzuweisen: "In den Vorständen dieser Welt sitzen immer noch vermehrt Männer." Und solange Gewalt gegen Frauen als "neue Kriegsführung" gilt, muss noch einiges getan werden.
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