Schuttberge türmen sich auf, wo noch vor wenigen Tagen Menschen geborgen in ihren Häusern und Wohnungen lebten, wo sich auf belebten Straßen buntes Treiben entfaltete: Städte wie Aleppo oder Latakia und viele andere Orte im nordsyrischen Kurdengebiet sind praktisch ausradiert durch das schreckliche Erdbeben vom 6. Februar. Hilfsorganisationen und Rettungskräften haben hier - im Gegensatz zur benachbarten Türkei - bisher noch keinen oder nur einen sehr erschwerten Zugang. Zu den wenigen Helfern vor Ort zählen seit einigen Tagen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des christlichen Hilfswerks Shelter Now International. Dessen Leiter, der Sulzbach-Rosenberger Georg Taubmann, zeichnet im Gespräch mit Oberpfalz-Medien ein Bild des Schreckens.
Überlebende hocken seit Tagen teilnahmslos auf den Trümmern ihrer Existenzen, schwerst traumatisiert vom Verlust ihrer Angehörigen. Andere irren ziellos durch das Chaos, viele sind so apathisch und unter Schock, dass sie nicht einmal fähig sind, Nahrung zu sich nehmen. Zu den wenigen Menschen, die helfen wollen und es in die betroffene syrische Region bisher geschafft haben, zählen Mitarbeiter von Shelter Now International.
Selbst für eine Trauma-Therapeutin zu viel
Die Hilfsorganisation hat nach Bekanntwerden der Katastrophe sofort mit Planungen begonnen, wie sie in der Region aktiv werden kann. Dabei kommt ihr zugute, dass sie schon in früheren Jahren hier erfolgreich tätig war, bei der Hilfe für Kriegsflüchtlinge etwa. Von dort lebenden Eheleuten, deren Namen er zu ihrem Schutz nicht nennen möchte, erhielt Georg Taubmann eine Handy-Videonachricht, die die ausgebildete Trauma-Therapeutin zeigt, wie sie völlig fassungslos vor den Trümmern einer Stadt das Inferno beschreibt und selbst immer wieder in Tränen ausbricht. Erdbeben-Überlebende haben ihr weinend gesagt: "Was der Krieg in zehn Jahren nicht schaffte, hat das Erdbeben in wenigen Sekunden angerichtet. Es hat unser Leben zerstört."
Die Naturkatastrophe hat in der Türkei und Syrien bisher mindestes 42 000 Menschenleben gekostet (Stand 16. Februar), mehr als hunderttausend Menschen wurden teils schwer verletzt. 1,2 Millionen Menschen wurden bisher in Notunterkünften untergebracht. Viele tausende Opfer haben kein Dach mehr über dem Kopf, und es ist bitterkalt. Diese Menschen benötigen schnellstmöglich warme Kleidung und Decken, dazu Windeln, Babymilchpulver, Lebensmittel. Viele leiden unter Panikattacken, denn es kommt immer wieder zu Nachbeben.
Geldspenden am sinnvollsten
Shelter-Mitarbeiter wie das erwähnte Ehepaar oder auch der seit vielen Jahren in der Region tätige Erlangener Michael Feulner sind seit Tagen in den am schwersten betroffenen Regionen in Nordsyrien unterwegs, um sich einen Überblick zu verschaffen, die ersten Hilfsprojekte zu starten und weitere zu planen. Wie uns Georg Taubmann berichtet, ist Shelter Now derzeit auch dabei, in Zusammenarbeit mit kirchlichen Organisationen verschiedener Religionsrichtungen, noch unbeschädigte Gebäude als Notunterkünfte für die vielen Obdachlosen anzumieten, schwerpunktmäßig in Aleppo und Lakatia. Materielle Hilfsgüter wie Nahrung, Babysachen und Kleidung könnten auf heimischen Märkten erworben werden. Es mache daher am meisten Sinn, die Hilfskräfte in Syrien mit Geldspenden zu unterstützen.
Spenden-Konto für die Erdbebenopfer
- Shelter Now Germany e. V.
- Nord-LB Hannover
- Bic: NOLADE2H
- Iban: DE65 2505 0000 0002 5230 58
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