Bis zum 9. Juni 1822 hatte sich Sulzbach sein mittelalterliches Stadtbild bewahrt. Heute würde man das zauberhaft romantisch finden, damals fand man es vor allem altmodisch und unpraktisch. Die bauliche Gestaltung der Stadt war nicht mehr zeitgemäß: Viele Straßen waren zu eng für den Verkehr, zudem war die Stadt auch innerhalb der Mauern noch durch Tore aus der älteren Stadtbefestigung unterteilt. Die meisten Dächer waren mit Stroh oder Holzschindeln gedeckt. Und genau dies erwies sich an jenem Juni-Abend des Jahres 1822 als brandgefährlich.
Es war der 9. Juni 1822, als ein Schausteller gegen 20 Uhr mit Genehmigung der Stadt ein Feuerwerk abbrannte. Er stand etwa an der Stelle, an der sich heute die Feuerwehr befindet. Die Raketen stiegen nicht sehr hoch, der starke Nordostwind trieb sie in die Stadt. Eine landete in der Frühlingstraße auf einem Schindeldach – fiel durch eine Öffnung in den mit Holz für die Fassherstellung gefüllten Dachboden. Dieser fing schnell Feuer.
Von einem Dach zum nächsten
Besagtes Haus stand an der engsten Stelle der Straße, die Wasserversorgung oben auf dem Berg war nur durch wenige, nicht sehr leistungsstarke Brunnen gewährleistet. Außerdem waren die Dächer durch eine lange Trockenheit ausgedörrt. So sprang das Feuer sehr schnell von einem Dach zum nächsten über. Und schnitt die Löschkräfte von der Wasserversorgung aus dem Bach ab.
Löschen war unmöglich, den Menschen blieb nur noch, zu retten, was zu retten war und sich selbst in Sicherheit zu bringen. Ein Todesopfer forderte der Brand: eine Frau, die schon gerettet war, aber dann in ihr brennendes Haus zurückging. Der Brand war verheerend: Die ganze südliche Hälfte der Stadt lag in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau nach neuen Bauvorschriften und auf modernisiertem Grundriss erfolgte sehr schnell. Unter anderem deshalb, weil der Drucker J. E. von Seidel eine Bittschrift druckte, die in ganz Deutschland verteilt wurde. Daraufhin gingen von überall her Spenden ein.
Zum 200. Gedenktag der Brandkastastrophe, die die Stadt stärker verändert hatte als alle anderen Ereignisse in ihrer Geschichte, erinnert jetzt das Stadtmuseum mit der Sonderausstellung „Der große Sulzbacher Stadtbrand von 1822“. Für Museumsleiterin Edith Zimmermann waren Konzeption und Gestaltung eine besondere Herausforderung, weil es vom Brand selbst praktisch keine Objekte gibt. Alles war damals ein Raub der Flammen geworden.
Bittbrief und alte Pläne
Eindrücklich wird in der Ausstellung dargestellt, wie leicht früher ein Feuer ausbrechen konnte, weil man es im Haushalt überall brauchte: zum Kochen, Heizen, Leuchten, Bügeln. Pläne zeigen, wie die Stadt vor dem Brand ausgesehen hatte, Fotos belegen die heutige Situation. Auch die prekäre Wasserversorgung wird thematisiert und mit einer historischen Wasserleitung illustriert. Ein besonderer Schwerpunkt sind historische Dokumente, darunter der Bittbrief und eine Abrechnung dazu. Auch als Reaktion auf den Brand wurde 1867 die Sulzbacher Feuerwehr gegründet. Das historische Löschwesen ist ein weiteres Thema der sehenswerten Ausstellung.
Bei der Eröffnung auf den Tag genau 200 Jahre nach dem Brand erläuterte Bürgermeister Michael Göth, dass die Feuerwehr 1822 – anders als heute – noch keine Pflichtaufgabe der Gemeinden war. In diesem Zusammenhang dankte er den Feuerwehrleuten für den ehrenamtlichen Einsatz. Museumsleiterin Edith Zimmermann wies auf den Spritzenwagen hin, der ein Glanzstück der Ausstellung ist. Die Kosten für dessen Restaurierung hatte der Förderverein übernommen Eckard Walter hielt einen kurzen Einführungsvortrag zur Ausstellung, Holger Herrmann gestaltete die Vernissage musikalisch. Und dann durften die stadtgeschichtlich interessierten Besucher die Exponate bestaunen.
Sonderausstellung läuft bis 3. Oktober
- Eine Sonderausstellung ist derzeit im Stadtmuseum zu sehen. Sie trägt den Titel „Der große Sulzbacher Stadtbrand von 1822“
- Die Ausstellung läuft bis 3. Oktober und ist mittwochs bis freitags von 9 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr sowie samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils von 13.30 bis 16.30 Uhr zu sehen
- Zum Rahmenprogramm gehört auch der Vortrag „Der große Sulzbacher Stadtbrand von 1822“. Eckhard Walter hält ihn am Donnerstag, 7. Juli, und am Mittwoch, 28. September, jeweils um 19.30 Uhr in der Historischen Druckerei Seidel
- Außerdem sind Führungen geplant
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