Sulzbach-Rosenberg
07.08.2022 - 17:59 Uhr

Vokalensemble Cantico überzeugt in der Sulzbach-Rosenberger Spitalkirche

Das Vokalensemble „Cantico“ aus Regensburg und Steffen Kordmann präsentierten musikalische Schätze aus Italien und der Oberpfalz in der Spitalkirche in Sulzbach-Rosenberg.

Im Rahmen der Tagung der Knorr-von-Rosenroth-Gesellschaft zum Thema „Adelsreisen in der Frühen Neuzeit – Italien im Blick protestantischer Adeliger“ sang das Regensburger Vokalensemble „Cantico“ bekannte und unbekannte Stücke barocker Komponisten aus Italien und der Oberpfalz. An der jüngst restaurierten Orgel zeigte Organist Steffen Kordmann sein virtuoses Können.

Stadtheimatpfleger Markus Lommer begrüßte unter anderem Stadtpfarrer Herbert Mader und Mitglieder der Knorr-von-Rosenroth-Gesellschaft. Lommer betonte, dass die 1802 säkularisierte Spitalkirche Stiftungseigentum der Stadt sei, weder katholisch noch evangelisch. Die erst vor einem Jahr renovierte Kirche sei für alle offen und bestens geeignet für Veranstaltungen dieser Art. Das sei auch das erste Konzert mit der vor kurzem überholten Orgel.

Chor und Orgel

Mit Gregorio Allegris berühmten „Misere mei“ begann das Konzert. Die Komposition löste seinerzeit bei Itailenreisenden größte Bewunderung aus. Das Besondere an den Aufführungen des Werkes in der Sixtinischen Kapelle waren die Verzierungen der päpstlichen Sänger. Die damaligen Improvisationen können heute nicht mehr in dieser Form zum Leben erweckt werden, Cantico orientierte sich daher an der Aufführungstradition des Werkes im Regensburger Dom.

Anschließend zeigte Organist Steffen Kordmann, wie schön die Orgel klingt und dass Barockmusik auch modern anmutende Klangwelten in sich birgt. So weist die „Toccata settima“ von Michelangelo Rossi ein stabiles, harmonischen Gerüst auf, darüber liegen aber verspielte und freche Tonfolgen, wie man sie auch in modernen Vertonungen erwartet. Auch die „Pastorale“ von Domenico Zipoli besticht mit raffinierten Tonkombinationen, wenn das Stück überraschend zwischen Moll und Dur wechselt.

Die vier Blöcke des Konzerts wurden ergänzt durch Erläuterungen der Musikwissenschaftlerin Andrea Zedler (Universität Bayreuth). Sie ordnete die vorgetragenen Stücke in verschiedene Phasen der Musikliteratur ein und erläuterte Hintergründe der einzelnen Stücke sowie Bezüge zwischen italienischer und deutscher Barockmusik. So erklärte sie am Beispiel von Heinrich Schütz‘ Vokalkomposition „Also hat Gott die Welt geliebt“ (1648), wie stark der Komponist sich an dem Stil seines venezianischen Lehrers Giovanni Gabrieli orientierte.

Italienischer Barock aus der Oberpfalz

Der in Regensburg geborene Gregor Aichinger, ebenfalls Schüler Gabrielis, zählte um 1600 zu den jüngsten Vermittlern der in Italien modern gewordenen Kompositionstechnik, Vokalstimmen vom Generalbass begleiten zu lassen, nach Deutschland. Der Chor wählte aber mit Aichingers „Lauda anima mea Dominum“ noch eine Komposition älteren Stils mit strenger vokaler Kontrapunktik, die mit ihren langen, schwebenden Tönen noch ganz der Kompositionsart seines Lehrers Gabrieli verschrieben ist.

Auch ein zweiter Oberpfälzer Komponist, Christoph Willibald Gluck, kam zum Zug: Gluck ist heute zwar mehr wegen seiner Opern bekannt. Sein liedhaftes „Leih aus deines Himmels Höhen“ war denn auch eine gut gewählte Sakraladaption aus seiner Oper „Iphigenie auf Tauris“. Jede Stimmlage dieses faszinierenden Stückes hätte eine eigene Melodie sein können.

Perfektion und Genuss

Trotz zweier Jahre Aufführungspause brillierten die acht Damen und vier Herren von „Cantico“ mit ihren hoch konzentrierten und klanggewaltigen Stimmen. Die Soprane sangen glasklar, die Altistinnen sorgten für eine angenehme Breite und Fülle, Tenor und Bass flankierten alles in Perfektion. Keine Stimme drang sich in den Vordergrund, was zu der professionellen Geschlossenheit im Gesamtklang beitrug. Dirigentin und Leiterin des Chores, Edeltraud Appl, brauchte somit nur sparsam zu dirigieren.

Das alles zeigte die Klasse dieses Ensembles, das ausnahmslos aus Laien besteht, ein Wort, das ob der Perfektion nur verwundert über die Lippen kommt. Cantico unternahm bis dato Chorreisen nach Pisa, Florenz, Wien oder Rom und wirkte bei großen Orchesterkonzerten oder bei Fernsehaufnahmen mit.

Die Knorr-von-Rosenroth-Gesellschaft hatte ein gutes Händchen mit der Wahl der Musikerinnen und Musiker: Ein Chor der Extraklasse, ein virtuoser Organist, ein genussreicher Abend, gewürzt mit lehrreichen und humorvollen Erläuterungen. Ein rundum gelungener Abend.

 
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