01.12.2020 - 11:59 Uhr

Tennet untersucht Alternativen zum HGÜ-Verlauf

Die unterirdische Leitung für die Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung könnte in Teilbereichen anders verlaufen als bisher geplant. Die Bürgerinitiative Brand lehnt auch diese Alternativen ab.

Die orange gepunktete Linie ist die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Alternativ-Trasse. Bild: Tennet
Die orange gepunktete Linie ist die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Alternativ-Trasse.

Wenn Hedi Weigel von der Bürgerinitiative Brand die Landkarte betrachtet, schüttelt sie nur den Kopf. Darauf eingezeichnet ist der ein Kilometer breite Korridor, in dem das Unternehmen Tennet die Höchstspannungs-Gleichstrom-Leitung in die Erde verlegen will. In der Karte ist neuerdings eine zweite, detailgenaue Trassenvariante eingezeichnet. Diese Alternative schlägt die Bundesnetzagentur als Fachbehörde vor. Beide Varianten sind nun gleichberechtigt „im Rennen“. Und beide Varianten hält BI-Sprecherin Hedi Weigel für unvertretbar, „da sie jeweils durch sensible Gebiete führen".

Tennet präferiert eine Variante, die ziemlich nah östlich am Geotop Ruhberg vorüberführt – für Hedi Weigel unmöglich. „Diese Planung ist ein Irrsinn.“ Die Bundesnetzagentur schlägt vor, die Stromleitungen etwas weiter westlich in den Boden zu graben. Auch das lehnen die Mitglieder der BI rundweg ab. Sie halten die HGÜ-Leitung an sich für unvertretbar, da sie einer künftigen dezentralen Energieversorgung im Weg stehe. Zudem sei der ökologische Schaden durch den Bau und die Leitung an sich immens. „Wie auf der Karte zu sehen ist, durchschneiden beide Trassenalternativen riesige Waldgebiete. Künftig haben wir nicht das grüne Band, sondern ein braunes, weil auf der Trasse nichts mehr richtig wachsen wird.“

Genau das befürchten auch die Landwirte, wenn die Leitung unter ihren Wiesen und Feldern verlegt würde. Grund sind zum einen die durchtrennten Kapillaren im Boden, also kleine Hohlräume, in denen Wasser gehalten wird und nach oben steigen kann. Außerdem schließen die Bauern nicht aus, dass die heißen Leitungen den umgebenden Boden erwärmen.

„Wie auf der Karte zu sehen ist, durchschneiden beide Trassenalternativen riesige Waldgebiete. Künftig haben wir nicht das grüne Band, sondern ein braunes, weil auf der Trasse nichts mehr richtig wachsen wird.“

Hedi Weigel von der Bürgerinitiative Brand

Ums Wasser geht es auch Hedi Weigel und den übrigen BI-Mitgliedern – und zwar ums Quellwasser. Die neue Variante der Bundesnetzagentur rückt zwar etwas vom Ortsteil Glashütte ab, hat aber nach Ansicht der Trassengegner nach wie vor Auswirkungen auf die Quellen, aus denen die Einwohner von Glashütte ihr Trinkwasser beziehen.

Heftig kritisiert die BI, dass die Trassenplanungen coronabedingt weitgehend ohne Beteiligung der Öffentlichkeit vorangetrieben worden sind – und dies sogar legal auf Grundlage des Planungssicherstellungsgesetzes.

Auf Nachfrage der Frankenpost teilte Torsten Grampp, Referent für Bürgerbeteiligung bei Tennet, mit, dass es das Gesetz ermöglicht habe, auch in Pandemiezeiten die Genehmigungsverfahren voranzutreiben. Den Vorwurf, dass dies ohne die notwendige Öffentlichkeit geschehe, wies er zurück. „Die Bundesnetzagentur hat die Antragskonferenzen als schriftliche Online-Verfahren durchgeführt. Für den Abschnitt C2 (Anmerkung: Dieser beginnt an der nördlichen Stadtgrenze von Marktredwitz) bedeutet das, dass die Antragskonferenz als schriftliches Verfahren gemäß Planungssicherstellungsgesetz veranstaltet wurde. Bis zum 10. Juli haben Hinweise zu unseren Planungen bei der Bundesnetzagentur eingereicht werden können“, heißt es in der schriftlichen Antwort des Tennet-Vertreters. Und weiter: Insgesamt habe sich aus den bisherigen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie keine Verzögerung für das Genehmigungsverfahren des Südost-Links ergeben.

Für Hedi Weigel stellt sich allerdings die Frage, wie die Bürger eingebunden werden sollen, die nicht onlineaffin seien. „Die sind bei dem ganzen Verfahren außen vor. So geht das nicht. Das hat nichts mit einer transparenten Planung zu tun.“

Zur neuen Trassenvariante schrieb Grampp, dass diese aufgrund von Einwendungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zustande kam. Die Bundesnetzagentur habe diese als zusätzliche Alternative zur weiteren Untersuchung eingebracht. „Gegenwärtig sind also alle Varianten im Untersuchungsrahmen als gleichwertig zu betrachten und werden weiter untersucht.“

Zur Frage nach den Quellgebieten und auch nach den Quecksilberablagerungen im Bereich der Kösseine-Auen heißt es von Tennet: „Die Untersuchungen berücksichtigen selbstverständlich auch mögliche Quecksilber-Ablagerungen oder mögliche Quellgebiete in den fraglichen Bereichen. Finale Aussagen hinsichtlich dieser Themen können erst nach den Auswertungen der Untersuchungen des Baugrundes und der Informationen der Anwohner getroffen werden. Die Themen werden in jedem Fall in den Planfeststellungsunterlagen berücksichtigt."

Hintergrund:

Bis der genaue Verlauf der HGÜ-Trasse feststeht, werden noch viele Monate ins Land ziehen. Nachfolgend die weiteren Schritte bis zu einer Entscheidung:

  • Sowohl die Trassenvarianten von Tennet (im Bild grau) und die der Bundesnetzagentur (orange-gepunktete Linie) werden jetzt gleichwertig untersucht. Dazu fließen unter anderem Untersuchungsergebnisse aus Kartierungen und Baugrunduntersuchungen mit ein.
  • Die Ergebnisse werden voraussichtlich 2021von Tennet veröffentlicht. Diese Unterlagen beinhalten zudem einen noch detaillierteren Trassenvorschlag, der aus Sicht von Tennet am verträglichsten ist.
  • Danach gibt es eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung durch die Bundesnetzagentur, woraus sich noch weitere Änderungen am Trassenverlauf ergeben können.
  • Die endgültige Entscheidung über den genauen Trassenverlauf trifft die Bundesnetzagentur im Planfeststellungsbeschluss.
 
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