(ptr) "Wir sind in der Neuzeit angekommen", sagt der Flossenbürger Förster Oswald Hamann. Der Revierleiter ist bayernweit als Beauftragter für die Datenverarbeitung im Einsatz. Und damit der Experte, wenn es um die neue App geht. Diese ist 2018 besonders wertvoll. Denn der Käfer, der Fichten und Waldbesitzer zum Zittern bringt, freute sich im außergewöhnlich warmen April über optimale Brutbedingungen. Befallene Bäume müssen so rasch wie möglich gefunden und sofort aufgearbeitet werden. Damit künftig kein Baum mehr vergessen wird, haben die Bayerischen Staatsforsten ein Programm entwickelt.
"Flossenbürg gehört mit seinen 16 000 Hektar Staatswald zu den ersten, welche digital unterwegs sind", erklärt der stellvertretende Forstbetriebsleiter Ingo Greim beim Ortstermin im Forstrevier Tännesberg/Wildeppenried. Dafür ausgewählt wurden Forstbetriebe mit einem hohen Fichtenanteil. Beim Pressetermin ist der "Hausherr", Förster Josef Weber dabei und auch Forstwirt Johann Hammer aus Großenschwand, der bereits eine Schulung absolviert hat. Hammer betrachtet die vom Buchdrucker befallene Fichte mit ihren dürren Ästen nachdenklich und tippt etwas in sein Handy ein. "Die App ist super und erklärt sich von selber, so dass auch Laien damit arbeiten können", meint er lapidar zu seinem neuen Arbeitswerkzeug.
Bisher wurden die befallenen Bäume auf einer großen Karte eingemessen. Bei vielen Kreuzen innerhalb eines Jahres wurde die Handhabung schnell umständlich und der Verlust von Informationen drohte. "Jetzt sind wir mit dem Borkenkäfer-Frühwarnsystem digital unterwegs", freut sich Hamann, der an der Entwicklung des Programms beteiligt war. Alle 25 Waldfacharbeiter des Forstbetriebs Flossenbürg sind bereits mit einem Smartphone und der App "ZE-Insekt" (ZE steht für zwangsbedingter Einschlag) ausgestattet. Der Förster erfasst die Daten draußen im Wald in standardisierter Form. Hamann zeigt die Forstbetriebskarte im Maßstab 1:5000 vor: Grenzen und Wege sind gut zu erkennen. Per GPS wird ein Punkt gesetzt, dazu kommen Infos wie die Anzahl der befallenen Bäume und der Zustand (Frischbefall, Larvenstadium, Käfer ausgeflogen oder hellbraunes Stadium). Auch ein Funkloch ist kein Problem. Sobald wieder ein Netz verfügbar ist, werden die Informationen an eine Datenbank gesendet.
Waldarbeiter oder auch Harvester-Unternehmen haben jederzeit Zugriff auf die digitale Karte. Mittels GPS-Navigation finden sie die zu fällenden Stämme schnell auf und können den Stand der Abarbeitung dokumentieren. Das spart Arbeit und Zeit. Und diese ist immer sehr knapp. "In einem Baum hocken bis zu 10 000 Weibchen. Die haben das Potenzial, dass ganze Wälder den Bach hinuntergehen", sagt Greim. Und Förster Josef Weber ergänzt: "Ein Käfernest kann bis zu einhundert Festmeter Holz vernichten." Vom Einbohren durch die Rinde bis zum Ausfliegen der jungen Käfer vergehen nur vier bis sechs Wochen. Mehrere Generationen und eine Geschwisterbrut schrecken die Waldbesitzer auf.
"Rasch handeln. In der Kette darf keine Lücke sein", appelliert Ingo Greim. Auch für den Forstrat sind die Infos wichtig: "Ich muss wissen, wo setzen wir Arbeiter oder besser Maschinen ein. Statt Ende Juli fliegt der Käfer heuer jetzt schon." Greim spricht die gute Zusammenarbeit mit den Förstern im Privatwald und auch das Borkenkäfer-Monitoring der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft an. Im Jahr 2018 wird aufgrund der Trockenheit und eines höheren Käferdrucks im Jahr 2017 ein Anstieg des Befalls erwartet. "Die neue App verkürzt die Informationswege. Das ist ein Segen für uns", freut sich Greim.
Die Punkte in der digitalen Karte werden vom Einsatzleiter von Rot (Auffinden) auf Gelb (Aufarbeitung läuft) gesetzt. Bei Grau liegt das Holz abfuhrbereit an der Straße - und kann möglichst vor dem Ausflug der fertig entwickelten Borkenkäfer abgefahren werden. Die grauen Punkte helfen im kommenden Jahr beim Auffinden neuer Käfernester. "Damit gelingt es uns, den Befall wesentlich schneller und ohne umständliche Papierkarten einzudämmen", ist sich Förster Oswald Hamann sicher.
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